Berichte 16.01. – 31.01. 2024

16.01.2024

Es regnet in Strömen, oder noch fast ein bisschen mehr. Wildbäche vom Himmel, dazwischen kleine Aufhellungen. Wir mieten uns ein Taxi für fast 4 Stunden, zweimal 15 $. Der aufgestellte Fahrer fährt einen 1959 Plymouth. Er erklärt uns, dass er einen sparsameren russischen Wolga Motor eingebaut habe. Weil die alten Amerikanerwagen unter der Motorhaube so viel Platz haben, könne man praktisch jegliche Motorenart einbauen. Und auch ein anderes Getriebe.

Wir besuchen die Cueva del Indio und die Cueva Palenque de los Cimarrones. Da sind wir wenigstens am „Schärmen“ (so etwas wie am Trockenen).

 

17.1.2024

Wir werden vom Taxi abgeholt, müssen unsere wunderbare Unterkunft im Casa Villa El Habano verlassen. Diese Unterkunft muss explizit erwähnt werden. Ein freundlicher Familienbetrieb, Grossmutter und Mutter mit Sohn arbeiten rund um die Uhr. Alles ist sauber und gepflegt, das Essen von der Grossmutter zubereitet schmeckt unbeschreiblich gut. Das Casa particular ist an einem geeigneten Ort, die Zimmer sind gut gelegen. 

Bald kommen wir in Soroa an, nach einer Fahrt von etwa 120 km. 

Am Nachmittag wandern wir in den nahe liegenden Bergen und im tropischen Regenwald.  Edi ist tief beeindruckt von der vielfältigen Pflanzenwelt. Er sammelt Samen und lebt seine botanisch Ader aus . Eine Art Bohne fasziniert ihn besonders. So ein paar Samen und Bohnen sammeln, und mit nach Hause nehmen, das wäre doch etwas… Zumal Edi einen grünen Daumen hat und alle seltsamen Pflanzen bei sich zu Hause erfolgreich aufzieht. Doch ach, die Bohne in den Sack zu stecken scheint nicht eine besonders gute Lösung.  Die kleinen Häkchen breiten sich in der ganzen Hose aus und jucken fürchterlich. Bald bekommt Edi eine Art allergische Reaktion, Es juckt und die Haut rötet sich. An allen möglichen und unmöglichen Stellen. 

Ich habe ein etwas anderes Problem, die Zerrung in der rechten Wade macht sich wiederum bemerkbar. Ein nicht besonders geeigneter Zeitpunkt, denn morgen soll eine grössere Wanderung stattfinden.

 

18.01.2024

Kuba ist eine Destination für Kräuter Medizin. Weil die Apotheken praktisch leer und Medikamente fast nur gegen die teure Westwährungen auf dem Schwarzmarkt erhältlich sind, hat sich die Kultur der natürlichen Medizin sehr erhalten. Auf der ausgiebigen Wanderung lernen wir die verschiedensten Pflanzen und deren Wirkung etwas kennen. Der Guía turística ist auch spezialisiert verschiedenste Vogelarten anzulocken und uns zu zeigen. Wir sehen unter anderem Kolibris, Truthahn Geier, Kubatrogons und viele mehr.

Wir haben uns nicht vorab um die Preise der Führung gekümmert. Alle versuchen irgendwie etwas zu verdienen. Unser Führer möchte dann 30 € pro Person geltend machen. Die Taxifahrt kostet 15 $ pro  Weg. Alle die den Touristen näher sind verdienen verhältnismässig viel Geld.  

Ein Polizist verdient 6000 Pesos, auch diese würden sich versuchen an die Taxifahrer zu wenden. Also eine indirekte Nähe zu den Touristen zu schaffen.

 

19.01.2024

Heute findet die Überfahrt nach Playa Larga statt. Hier werden wir drei Nächte bleiben. Abends machen wir einen kleinen Bummel durch den Ort. Apotheke ist wie üblich gähnend leer, einen Markt gibt es keinen mehr, zwei Kiosks stehen da und haben fast nur leere Regale. Beim einen Kiosk hat es drei oder vier Schokoladenstengel auf einer Auslage. Wir möchten einen Kaffee trinken – ist ja auch angeschrieben. Aber es gibt auch hier diesen nicht mehr.

Hingegen im Casa particular hat es fast immer alles, das Essen schmeckt, für Touristen entstehen offenbar besondere Lebensmittelkanäle. 

Auch hier setzen alle relativ einseitig auf Tourismus. Man kann nur hoffen, dass dieser nie mehr so zusammenbricht wie damals während der Covid Zeit. Eine Katastrophe wäre vorprogrammiert. Es gibt auch viele Häuser, die stehen unfertig im Rohbau, Armiereisenstangen ragen in den Himmel und zeigen von  Zukunftsideen. Die meisten dieser Halbruinen sind noch vor Covid entstanden, sie blieben ohne Infrastruktur wie Abwasser, Wasser und Stromleitung in der Gegend stehen. Offenbar fehlte dann plötzlich das Geld, und die Touristen. In den Häusern wächst der subtropische tropische Regenwald aus den Fenstern.

Am Abend besuchen wir eine Bar am Strand der Schweinebucht, der legendären historischen Stätte. Ein Mojito kostet uns 3$, mit oder ohne Alkohol. Und es gibt auch Musiker – die Musik mit den Cuba typischen Rhythmen reisst mit, es ist beeindruckend und fröhlich. Die drei Männer singen und tanzen –  sie machen nicht Musik, sie sind Musik. Später kommen sie an unserem Tisch und erzählen aus der Wirklichkeit ihres Lebens. Es sieht sofort aus anders aus. Sie fragen mich, wie alt ich denn sei. Aha, siebzig… tja, von uns wird keiner jemals so alt wie du. Wir haben keine Zukunft, wir haben hier und jetzt die Musik. Sonst nichts. 

 

20.01.2024

Zunächst wagen wir uns mit einem Führer in einen naheliegenden Nationalpark es. Flamingos gibt’s zuhauf, auch viele andere Vogelarten. Die Mangrovenwälder sind einzigartig. Und hier soll es auch Krokodile haben, die bekommen wir aber glücklicherweise nichts zu sehen.

Am Nachmittag besuchen wir das Museo Girón. Hier werden Waffen, Kleider und Fotos aus der Zeit der Schweinebucht Invasion gezeigt. Eine einzigartiger historische Zeitpunkt, wo sich ein lateinamerikanisches Land erfolgreich gegen den amerikanischen Imperialismus durchgesetzt hat.

Die Schweinebucht Invasion, geplant von der CIA und vor allem durchgeführt durch Exilkubaner ging arg in die Hose. Und statt dass die Revolution in Cuba geschwächt wurde, wurde sie dadurch massiv gestärkt. Die über tausend Gefangenen wurden gegen Medikamente und Babynahrung mit den USA ausgetauscht. Ein erfolgreicher Propoganda Effekt. Diese gescheiterte Invasion hat das kubanische Volk hinter der Revolutionsidee vereint. Im Museum wurde ein Film gezeigt, es handelt sich exakt um den Film, den seinerzeit Stefan K., Christoph W. und ich im Seminar Muristalden vorgeführt haben. Als Geo’Arbeit haben wir damals Cuba vorgestellt. Und der Film war Bestandteil dieses Projektes. Schon eigentlich eindrücklich, dass ich jetzt an eben diesem Platz stehe, wo sich die Hauptszenen dieser Invasion abgespielt hat.

Auf dem Rückweg gehen wir in einer Art Cenote, im Cueva de los Peces schwimmen. Bis 70m soll das Weierchen tief sein.

 

21.01.2024

Gestern Abend war Disco angesagt. Es fällt mir auf, dass viele der kubanischen modernen Musik auf Makossa ähnlichen Rhythmen (Westafrika) basiert. Es ist denn nun auch mehr ein Dorffest, so ein bisschen ähnlich wie eine „Chilby“, aber natürlich sehr viel lustiger. Natürlich wird auch entsprechend Havana Club Rum getrunken, Mojito und so. Das ist eigentlich das billigste Getränk auf der im Park abgehaltenen Disco. 

Es wird spät, sehr spät. Entsprechend bin ich heute müde, es findet ein Krokodil Park Besuch statt. Edi hat Freude an den gelben Zähnen der Krokodile. Anschliessend haben wir das Glück, einen auf Kolibri spezialisierten Ornithologen zu besuchen. Die winzigen Brummer faszinieren absolut und schillern in allen Farben. 

 

22.01.2024

Heute sind wir einen längeren Weg unterwegs, wir fahren nach Trinidad. Das Taxi ist hinten mit abgedunkelten Scheiben eingerichtet, so dunkel dass man nichts sehen kann – eigentlich absolut unzumutbar. Doch ich geniesse das auch ein wenig. Weil ich nichts sehe, brauche ich emotional nichts zu verarbeiten und ja – auch nichts schreiben. Am Abend besuchen wir die Altstadt. Bunt und schön, ein Touristenmagnet mit armen Menschen. Trinidad sei eine der besterhaltenen Städte in Cuba. Die Stadt ist übersichtlich, die Menschen herzlich und freundlich, und man kann getrost und sicher durch alle Strassen gehen. Auch im Dunkeln, und auch die schmalsten. Cuba ist die sicherste Insel in der Karibik. Und auch um einiges sicherer als Mexico.

 

23.01.2024

Ich habe die Wäscherin der Touristenunterkunft gebeten, mir einmal über die finanzielle Situation einer kubanischen Arbeitskraft eine Zusammenstellung zu schreiben. Und prompt hat sie mir über Messenger Auskunft gegeben. Ich übersetze den Text, und lasse ihn kommentarlos stehen:

Das Grundgehalt eines Arbeiters beträgt 2.500 Pesos im Monat. Das sind umgerechnet 12 US$ im Monat. Aus diesem Grund konnte ich es mir nicht mehr leisten, an meinem Heimatort zu bleiben. Nun arbeite ich hier für 700 Pesos am Tag und wasche täglich die Bettanzüge und Wäsche von 6 Räumen.

Das entspricht 3 US$ pro Tag, also 90 US$, bzw. 21.000 kubanischen Pesos pro Monat. Das heisst, ich verdiene mehr als meine Schwester, die einen universitären Abschluss in Englisch hat. Ich glaube, ein Lehrer verdient etwa 5000; oder 7.000 Pesos maximal, nicht mehr als ich. 

Mit dem Libreta (Carnet für rationiertes Essen) bekomme ich ein Stück Brot in der Grösse meiner Hände. Es kostet 1 kubanischer Peso. Wenn man in der staatlichen Bäckerei ein Brot kauft, kostet es 70 Pesos. Auf der Strasse kostet es bis zu 100 oder 500 Pesos, das wären 2 US$. 

Mit meinem Tageseinkommen kann ich wie folgt einkaufen: 1 Pfund Reis im Wert von 150 Pesos, 2 Eier 200 Pesos,  1 Tomate 80 Pesos,  1 Kohlkopf 150 Pesos,  insgesamt 580 Pesos. Dann sollte ich etwas für meine Kinder sparen, damit ich bezahlen kann, wenn ein Kind krank wird.

Wenn ich zum Beispiel kein Speiseöl mehr habe und  1 Liter davon kaufe, kann ich nichts anderes essen an diesem Tag. Denn der Liter Speiseöl kostet  700 Pesos, was mein Tageslohn ist. Der Staat hat den Preis etwas gesenkt, weil es plötzlich bis zu 1000 Pesos gekostet hat.

Eine 10-Pfund-Packung Hühnchen kostet für einen Arbeiter, der nur 2.500 Pesos im Monat verdient, 3.500 Pesos, die Familien können es deshalb nur selten kaufen. Manchmal gibt es nicht immer genügend Toilettenartikel pro Haus, oder keine Beilagen zum Reis. Wir müssen uns diese Woche zum Beispiel 19 Hähnchenschenkel auf drei Häuser aufteilen. 1 Pfund Schweinefleisch kosten 450 Pesos.

Hier ist vieles nur zu einem sehr hohen Preis erhältlich, Kleidung darf keinesfalls kaputt gehen. Seit Jahren weiss ich nicht, wie ich einen neuen Büstenhalter kaufen könnte. Etwas so Einfaches kostet viel – und es ist nicht so, dass ich einen solchen nicht notwendig hätte, sondern ich kann diesen schlicht nicht kaufen. Manchmal kann ich kann nicht einmal 1 Pfund Reis kaufen.

Wenn mein Blumentopf oder mein Blumenständer kaputt geht, muss ich ihn reparieren oder nähen.

Ich selbst, eine Frau die sieben Tage die Woche arbeitet um jeden Tag etwas essen zu können, habe nur ein einziges kaputtes Paar Schuhe, die schon Jahre alt sind, und die ich immer wieder nähen muss, weil ich jetzt keinen neuen kaufen kann. Ich muss versuchen zu sparen. Günstigste Schuhe kosten 6.000 Pesos und sind schwierig zu bekommen.

Das Leben hier ist sehr traurig. Auch wenn wir in Frieden, Ruhe und jenseits von Krieg und Gewalt leben – ist es nicht einfach. Deshalb bleiben viele Frauen ohne Ehemann,  weil Männer oft nicht einen Haushalt finanzieren wollen und nicht fähig sind, Lebensmittel und Kleidung für alle zu kaufen. Ich selbst musste oft zu Bett gehen, ohne selbst etwas gegessen zu haben, nur um meinen Kindern etwas zu geben, damit sie nicht zu viel an Gewicht verlieren.

Denkst du, dass ich manchmal entspannt und zuversichtlich sein kann? Manchmal bleibe ich lange wach und denke nur daran, womit ich morgen kochen werde. Manchmal gehe ich hungrig zur Arbeit, ohne einen Pesos für Brot auszugeben, damit die 3 Dollar, die ich verdiene, zum Kochen für meine Kinder übrig bleiben.

Ich habe keine Hoffnung auf irgendetwas. Ich glaube nicht mehr, dass sich die Situation in Cuba bessern könnte. Und das Embargo wirkt sich sehr schlimm aus. Hier werden viele von uns vor Hunger und Elend sterben, ohne eine Pille gegen die Schmerzen oder andere Medikamente bekommen zu können. Der letzte Teller mit Essen wird fehlen, eines Tages werden wir nicht mehr genug Kraft haben. Deshalb wäre es vielleicht besser zu sterben, um so kein weiteres Leid ertragen zu müssen.

Als meine Kinder die Summe Geld sahen, das Sie mir geschenkt haben (50 €), waren sie so glücklich, weil sie wussten, dass sie mit diesem Geld 5 Pfund Reis, eine 10-Pfund-Packung Hühnchen, 1 Liter Öl kaufen und für alle Notfälle etwas sparen konnten.
Ich werde eine Woche lang zu Essen haben und sogar ein wenig Geld sparen können.

 

24.01.2024

Eine Tour ist geplant, die haben wir so gebucht. Es sind die Topes de Colantes, in einem Nationalparkgebiet. Gebucht ist ein Geländefahrzeug, mit Guide und Fahrer. Guide und Fahrer sind gekommen, in einem tiefgesetzten Hyundai. Es hätte kein funktionierender Jeep aufgefunden werden können. Ja, das ist schwierig, auch mit Ersatzteilen und Zubehör ist es nicht gut bestellt in diesem Land. Und bald zeigt sich, dass die geplante Route gar nicht gemacht werden kann. Wir werden abgesetzt, und hiken die Hälfte des Pfades durch den wunderschönen Regenwald, und gehen halt den gleichen Weg dann wieder zurück zum Auto. Ein bisschen frustriert bin ich zwar schon, da gleichzeitig eine andere Unternehmung ihre Touristengruppen mit russischen ZIL Lastwagen zum Ziel führt.

Nun, der fehlende Teil des Ausflugs wird kompensiert durch das grosse Wissen des Guía Turistica, er macht seinen Job wirklich sehr gut. Wir lernen jede Menge Vögel und Pflanzen kennen. Und er entdeckt für uns die unmöglichsten Vögel in Tarnfarbe. In Cuba soll es keine gefährlichen Tiere im Wald geben, keine giftigen Schlangen, keine Jaguare… nur Kleintiere, Hirsche und eine mannigfaltige Vogelwelt.

Wir erfahren auch ein bisschen etwas mehr über Trinidad, der Guide und der Fahrer erzählen uns, dass es den meisten Leuten gerade in der Altstadt besser geht als dem Durchschnitt der Kubaner. Das vor allem, weil man eben in Touristen Nähe ist. Das stelle nach wie vor die wichtigste Einkommensquelle dar.

 

Endlich haben wir wieder eine etwas brauchbare Internetverbindung. Ich nutze diese Möglichkeit und veröffentliche wieder mal etwas Bilder und Texte…

 

25.01.2024

Heute habe ich einen interessanten Artikel von drei Seiten zugespielt bekommen. Es waren Artikel aus der BZ, beziehungsweise aus dem BUND. 

Die Armut ist tatsächlich erdrückend. 

Ich erlebe Kuba ähnlich, die Touristenfassaden bröckeln. Es wird deutlich ersichtlich – Geschäfte mit knappen Angeboten, leere Apotheken, kranke Menschen, Bettler auf der Strasse.. Jeder versucht irgendwie zu überleben und an Geld zu kommen. Sei es durch Betteln, sei es mit touristischen Angeboten, Vorführungen, Flaschen sammeln, bis hin zur Prostitution. Viele Menschen kämpfen noch, andere sind verloren. Einige wenige Glückliche haben Verwandte im Ausland. Oder einen Job in der Tourismusbranche. Die einen wandern aus, andere versorgen sich auf dem Lande selber.

Wir hören auch solche Erzählungen und Berichte. Der Artikel wird wohl zu grossen Teil stimmen, aber er verschweigt aber auch vieles. Zum Beispiel wie die USA und die Exilkubaner versuchen,  Kuba  in die Knie zu zwingen. Die Krise ist gewollt und geplant. Beispielsweise werden wohl Medikamente aus Miami eingeflogen, das stimmt, aber die sind nur für die Privilegierten, die Verwandten der Auswanderer oder bestenfalls auf dem Schwarzmarkt erhältlich.

Dass es kein Benzin mehr gibt, hat mit dem Embargo der USA zu tun, aber auch mit den Sanktionen der USA gegenüber Venezuela. Gleichzeitig ist es auch schwierig für Kuba, Öl, Lebensmittel und Medikamente aus Russland einzuführen. Und die gegenwärtige Regierung scheint unfähig, dem Übel zu begegnend. Das Charisma des Maximo Lider Fidel ist nicht mehr da, der Pionier Enthusiasmus fehlt. Das Regime hat sich festgesetzt, verharrt unfähig hinter der alles bremsenden Bürokratie, und auch von den versprochenen Wahlen ist nicht mehr die Rede.

Derzeit wohnen wir bei einer Schweizer Familie, die in Kuba wohnt. Hier gibt es aber fast alles Lebensnotwendige, wenn man die Quellen und die notwendigen Devisen hat.

Aber auch die Familie erwähnt, dass das US Embargo sich sehr schlimm auf den Lebensstandard auswirkt. Dazu kommt die Folge der COVID Zeit. Der Tourismus war damals völlig zusammengebrochen. Nun fehlt sehr, sehr viel Geld.

Und jetzt hat die USA Kuba auch noch als Terror Staat eingereiht, was zur Folge hat, dass jeder der Kuba gewesen ist, nicht mehr ohne weiteres in die USA einreisen kann. Viele Reisende überlegen sich einen Besuch auf Kuba zweimal.

 

26.01.2024

Wir fahren nach Santa Clara, beziehungsweise wir rauschen nach Santa Clara. Der junge, vitale Fahrer hört Rap, telefoniert mit verschiedensten Freundinnen und Freunden, und auch der Mutter. Und es bleibt kaum eine Möglichkeit, ihm mitzuteilen, dass wir ein Foto machen möchten. Wir fahren an schönsten Landschaften und hübschen Dörfern vorbei. Die Bauern winken manchmal dem vorbeilassenden Gefährt.

Immerhin kommen wir unversehrt an. Unterwegs treffen wir auf einen schlimmen Unfall, da scheint es Leute zu haben, die nie mehr irgendwo ankommen.

Die Sicherheit der Transportmittel hier ist so eine Sache. Oft stehen Leute ungesichert auf irgendeinem Lastwagen, sie sitzen zu dritt auf einem Motorrad – die Oldtimer sind zwar hübsch anzusehen, aber man darf sich keinen Unfall vorstellen. Es gibt keine Gurte, die Armaturenbretter sind aus massiven Stahl. 

Santa Clara ist ein Pilgerort für Che Guevara Verehrer. Wir bummeln durch die Stadt, besuchen den überfallten Zug, der Geschichte schrieb… Anschliessend gehen wir zum Bahnhof, um uns zu erkundigen, ob und wie die Züge fahren. Diese fahren nur noch ab und zu, einfach wenn es genug Diesel gibt. Zuletzt wandern wir über einen Park zurück in die Unterkunft. Der Strom ist ausgefallen, wir sitzen im Dunkeln und das Internet bleibt stumm.

 

27.01.2024

Wir gehen sehr weit zu Fuss, zum Che Guevara Moment. Der Paradeplatz ist sehr grosszügig angelegt, und alles wird von einer Statue überragt. Die Statue ist im sozialistischen Realismus gebaut, das bleibt Geschmackssache. Zumal es Che als stahlharten Kämpfer mit finsterer Miene und Maschinengewehr zeigt. Doch Che Guevara hatte aber auch ganz andere Seiten, glücklicherweise habe ich im Mausoleum selber die Ausstellung besucht. Da wird er eben auch als junger Mann gezeigt, der sich für seine Ideale einsetzte, als Arzt, Bauernfreund, mit Kindern und als Freund der einfachen Menschen. Er hatte für mich unbekannte Züge und Interessen. Er liebte zum Beispiel auch die Fotografie. Und er war nicht einfach nur ein Guerillakämpfer. Sobald es mir die Zeit erlaubt, möchte ich mir noch weiter in die Biografie dieses hier gefeierten Helden vertiefen.

Am Nachmittag  versuche ich, mit einem Taxifahrer eine spezielle Fahrt auf das Land zu planen. Anfänglich fährt er einfach relativ schnell an allen Dörfern vorbei, mein weniges Spanisch reicht nicht aus, ihn von unserem Vorhaben zu überzeugen. Und seine Interessen scheinen andere zu sein als unsere.

Unterwegs treffen wir auf einer Brücke einen Exil Kubaner an, der gutes Englisch spricht, und dieser erklärt dann wiederum dem Taxifahrer unsere Absichten. Es gelingt, wir  beobachten Zuckerrohr Bauern bei ihrer Arbeit besuchen eine Tabakfabrik, und auf dem Rückweg werden wir von einer ganz liebenswürdigen Bauernsfrau zum Kaffee eingeladen. Das ist klar das Highlight des Tages.

Die Bauernleute sind sehr liebenswürdig und haben ein grosses Herz. Die Gastfreundschaft ist bekannt. In der ganze Reise, so wie sie organisiert ist, fehlt die Möglichkeit, der Landbevölkerung zu begegnen. Eigentlich hüpfen wir von Stadt zu Stadt, von Ort zu Ort, aber wir haben wenig Gelegenheit, uns mit den Menschen auf den Land abzugeben.

Da bin ich echt froh, dass meine Weiterreise dann wieder mit dem Kamel erfolgt, beziehungsweise dass ich dann selber bestimmen kann, wo ich halte und wo nicht. 

 

28.01.2024

Und wieder rauschen wir über Feld und Wald, so als hätten wir Flügel… Diesmal ist es die Überfahrt nach Varadero. Ein sehr bekannter Ferienort, und das eben offenbar schon sehr lange. Da haben in den Zwanziger Jahren die Reichen und die Schönen ihren Urlaub verbracht. Selbstverständlich war auch die Mafia hier, Al Capone hat sich hier in einer Villa niedergelassen, der Diktator Batista sonnte sich hier seinen dicken Bauch. Denn Batista hatte mit seiner US-freundlichen Politik die Zuckerinsel in ein Dorado für Kapitalanleger, Casinobarone und Mafiapaten verwandelt.

Ja, da ist das Cancun von Kuba. Es gibt viele Europäer, Kanadier aber offenbar auch Amerikaner die sich hier direkt einfliegen lassen. Ferien Resort um Ferien Resort reihen sich entlang einer wunderschönen, weissen Karibik Strandlandschaft. Ein Ort, an dem sich die Mehrheit der kubanischen Bevölkerung niemals einfinden wird. 

 

29.01.2024

Faulenzen und die Weiterplanung der Reise anpacken. Bilder sichten und posten… Eine Art Auszeit mit schlechtem Gewissen. Den die Fresstempel nach amerikanischem Vorbild geben mir zu denken. So viel wird da verschwendet… alles gibt es à discrétion. Für Touristen…  

 

29.01.2024

Kleider und Schuhe, die wir nicht mehr brauchen, packen wir in einen Sack. Dann suchen wir in den Hotelshops nach einer passenden Kartonschachtel. So macht man ein Paket zum Versand bereit… Ich schreibe die Adresse der Waschfrau von Playa Larga auf das Paket – sie wird die Sachen für ihre Verwandten brauchen können. Wir fragen im Hotel nach, ob sie ein Post Office hätten. Es gibt es nicht. Wir erkundigen uns nach der nächsten Post. Unweit von da gibt es eine Poststelle.  

Aber nun wird uns mitgeteilt, dass die Post in ganz Kuba schon lange nicht mehr funktioniert. Keine Pakete können versendet werden. Es gibt also eigentlich weder Briefversand oder Paketversand mehr. Auch diese Infrastruktur ist hier zusammengebrochen. Die Frau aus dem Souvenirgeschäft hat eine Lösung. Sie kennt einen Taxifahrer, der in Playa Lara wohnt und ab und zu nach Varadero fährt. Sie telefoniert mit ihm, das Paket wird in paar Tagen abgeholt.  

 

30.01.2024

Es erfolgt die letzte Fahrt in Kuba, wenigstens für vorläufig. Wir fahren der Panoramastrasse entlang nach Havanna zurück um dann im gleichen Casa Particular wie zu Beginn die letzte Nacht zu verbringen. 

Noch verzweifelter als in den ersten Tagen werden wir überall angebettelt. Es wird immer schwieriger in dieser Stadt. Für einen Dollar gab es zu Beginn 250 kubanische Pesos, jetzt werden überall schon 270 angeboten. Die Inflation galoppiert.

Eine Katze hat mich gekratzt, unterwegs in einem Restaurant der Stadt. Man sollte Katzen unter dem Tisch ja auch nicht füttern. Doch das arme Ding, ganz abgemagert und mit grossen Augen, hat mein Mitleid erregt. Das Casa Hotel ist noch weit. Ich versuche ein Desinfektionsmittel zu bekommen. Das gebe es im Restaurant nicht. Ich bekomme ein Gläschen Rum angeboten, Havana Club,  worin ich meinen Finger baden darf. Auch gut. In Kuba sucht man nach Lösungen.

 

31.01.2024

Der Januar geht zu Ende, die Kuba Reise auch. Ich fliege zurück nach Cancun. Eine Menge Arbeit wird auf mich warten, ich werde in den nächsten Tagen fast keine Fotografien machen. Und die Texte werden wahrscheinlich auch eher kurz bleiben.

Eine Traum Insel, ein ehemaliges Paradies, mit lieben aber hilflosen Menschen werden wir nun zurücklassen. Kuba Libre wird so nicht mehr lange existieren können. Ich mache mich Sorgen um diese Menschen da.