Berichte 16.01. – 31.01.2025

15. Januar 2025

Mein Gepäck habe ich verpackt wie der bulgarische Verpackungskünstler Christo – ein wahres Kunstwerk. Und trotzdem musste ich ein paar Dinge zurücklassen: Wanderstöcke, Fondue und Schokolade blieben daheim.

Da das Einchecken bereits um 5:30 Uhr in der Früh stattfindet, kann ich Zürich nicht mit einem frühen Zug erreichen. Also reise ich mit dem letzten Zug am Dienstagabend zum Flughafen. Nach Mitternacht erinnert mich die Atmosphäre dort ein wenig an die COVID-Zeit – gespenstisch leer. Ich verbringe die Nacht so gut es geht auf einem Sessel in der Nähe des Check-ins.

Mit zwei Flügen – erst nach Amsterdam, dann weiter nach Lima – erreiche ich Peru. Der Langstreckenflug dauert zwölfeinhalb Stunden. Eine echte Tortur: ein bisschen dösen, aufwachen, wieder dösen. Richtig schlafen? Fehlanzeige.

Aber jetzt bin ich hier. Mitten im Sommer. Und weil ich im Gepäck Platz sparen wollte, habe ich so viele Wintersachen wie möglich angezogen. Sieht bestimmt lustig aus.

 

16. Januar 2025

Hector sammelt Autos. Ein absoluter Autofreak. Und wie sich zeigt, kennt er sich nicht nur mit Modellautos aus, sondern auch mit Roten Kamelen. Anmerkung: Mein HZJ 78 ist das Rote Kamel – steht ja gross auf der Türe, dank der Grafik von Bo Bendixen.

Die Starterbatterie macht schlapp, also besorgen wir eine neue. Doch beim Versuch zu starten ist erst mal nur ein Klicken zu hören. Hector überlegt kurz, klopft auf den Zündverteiler, prüft die Kabelanschlüsse – und plötzlich greift er zu, als hätte er die Erleuchtung. Tatsächlich: Ein loses Kabel. Schnell befestigt, und das Kamel röhrt wieder.

Ansonsten präsentiert sich das Kamel in erstaunlich gutem Zustand. Es hat sich gelohnt, das Fenster ein Spalt breit offenzulassen – kein muffiger Schimmelglanz diesmal. Auch Rost ist keiner zu sehen, und der Innenraumgeruch ist durchaus akzeptabel.

Miraflores in Lima wirkt sehr sicher – wohl auch wegen der auffälligen Polizeipräsenz. Es gibt hübsche Parks, in denen Jogger ihre Runden drehen und Hundebesitzer ihre Vierbeiner ausführen. Leider ist Hundekacke hier ein weitverbreitetes Phänomen. Wer joggt, tut gut daran, den Blick ab und zu nach unten zu richten.

 

17. Januar 2025

Heute steht die grosse Bremsenrevision an. Neue Bremsbeläge, frische Bremstrommeln hinten, neue Bremsbacken – dazu Federn, Schräubchen und allerlei Kleinkram. Unzählige Teile. Hoffentlich setzen sie das Auto am Ende wieder richtig zusammen. So viele Schrauben, Federn, Züge, Muttern und sonstiges Klimbim liegen hier herum, dass es fast nach einem ausgeschlachteten Ersatzteillager aussieht.

Zwischendurch habe ich noch Peter Albisser, meinen Toyota-Spezialisten, kontaktiert. Wie immer ist es schwierig, alle Originalteile zu bekommen – das kann früher oder später zum Problem werden. Aber ich bin zuversichtlich. Irgendwie wird das Kamel schon wieder auf die Beine kommen.

 

18. Januar 2025

Das Auto steht wieder auf eigenen Rädern – und es bremst! Richtig gut sogar. Das ist im peruanischen Verkehr und vor allem auf den abenteuerlichen Todesstrecken in den Bergen nicht gerade unwichtig. Wie immer heisst es: „Das muss man erst einfahren, dann wird’s schon.“ Na gut, machen wir so.

Dann ein Schreckmoment. Plötzlich tropft eine dunkelbraune Flüssigkeit aus dem Auto. Erste Vermutung: Diesel. Zweite Vermutung: Öl. Alle starren auf den Unterboden, suchen hektisch nach der Ursache des Übels.
Carlos, der Mechaniker, betrachtet die Pfütze und meint nur nachdenklich: „Eine sonderbare Flüssigkeit !…“

Mir wird es langsam mulmig. Wurde da etwas verpfuscht? Doch dann die Erleichterung – und grosses Gelächter. Mein Balsamico-Essig ist im Lavabo ausgelaufen! Und der Auslass des Lavabos ist unten in der Nähe des Getriebes. Immerhin, das Kamel ist nicht „inkontinent“.

 

19. Januar 2025

Was machen die Limeños an einem Sonntag? Sie besuchen die Familie, spazieren am Strand entlang oder schauen sich einen Sportanlass an. Aber die meisten – so scheint es – bummeln durch die Kaufhäuser.

Ich schliesse mich an und besuche auch ein paar. Finde aber nicht, was ich brauche. So ein richtig grosses „Heim-und-Hobby-Zentrum“ ist mir noch nicht untergekommen. Ich erinnere mich zwar, dass ich letztes Jahr am 7. Juli im Norden von Lima eins entdeckt habe – aber zwei bis vier Stunden Stadtverkehr bis dorthin? Nein, danke.

Stattdessen widme ich mich einer anderen Sonntagsbeschäftigung: Ich sortiere meine Schachteln durch. Schaffe aber nicht alle. Ein paar warten wohl noch geduldig auf die nächsten Tage.

 

20. Januar 2025

Heute ist der Motor dran. Ölwechsel mit 15W40 – ganze 13 Liter schwarze Brühe werden eingesammelt und ersetzt. Auch der Ölfilter muss raus. Hector hat einen Original-Toyota-Filter organisiert. Natürlich hat er das.

Hector organisiert eigentlich alles. Nebenbei koordiniert er auch noch das komplette Putzteam, Bauarbeiter, Fensterputzer, Bodenleger, Schreiner und die Wachbehörden der Pestalozzi-Schule. Und trotzdem findet er noch Zeit, mein Kamel wieder auf Vordermann zu bringen. Er kennt die richtigen Leute, hat überall Kontakte – und all diese Profis kümmern sich eigentlich auch um die Fahrzeuge der Schule.

Es ist beeindruckend, wie dieser Mann alles im Griff hat. Egal, was ich brauche oder suche – er weiss, wo es das gibt und wie man es beschafft. Und heute hat er mir sogar für kurze Zeit sein eigenes Auto zur Verfügung gestellt. Hector ist ein Phänomen.

 

21. Januar 2025

Die Zeit rast. Heute hat Hector wieder seine Kontakte spielen lassen und jemanden organisiert, der die Dachkante neu einfasst. Das alte Gummi hat dem ewigen Gerumpel auf den holprigen Strassen Lateinamerikas nicht standgehalten – es war durchgescheuert und gebrochen.

Zum Glück war ich vorbereitet: Ein passendes Band und den richtigen Klebstoff habe ich extra aus der Schweiz mitgebracht. Jetzt muss es nur noch fachmännisch montiert werden. Gut, dass Hector an alles denkt!

 

22. Januar 2025

Heute standen ein paar wichtige Checks an. Die Medikamentenschachteln sind organisiert, alles Abgelaufene wurde ersetzt, und die Werkzeugkisten habe ich gereinigt und neu verpackt.

Und dann habe ich – etwas ungewöhnlich für Lima im Sommer – geheizt.
Nach längerem Stillstand ist es wichtig, die Heizung zu testen. Und siehe da: Alles funktioniert einwandfrei. In Argentinien werden wir also zwei oder drei Heizungen zur Verfügung haben. Das soll, wie man mir erzählt hat, ziemlich nützlich sein.

Andererseits wurde mir auch gesagt, dass der patagonische Wind im Winter viel schwächer sei. Das ist eine gute Nachricht! Denn im argentinischen Sommer soll er so stark blasen, dass niemand mit Dachzelt oder Hubdach ein Zelt aufklappen konnte – der Wind hätte die Zeltwände einfach weggerissen. Da bin ich doch froh, erst später in den Süden zu fahren.

 

23. Januar 2025

Heute Abend kommt Edi an. Leider ist mein Kamel noch nicht reisebereit. Der zusätzliche Tank hinten tropft schon wieder. Dieses Ding bereitet mir seit jenem Vorfall in der Mongolei Sorgen – damals mit Pierre und Karl. Plötzlich lag der Tank einfach auf der Strasse. Irgendein Genie hatte ihn ohne Konterschrauben montiert, und die normalen Schrauben haben sich durch die Vibrationen einfach verabschiedet.

Zum Glück ist Hector da. Der Infrastruktur-Manager der Schule unterstützt mich, wo er nur kann. Seine liebenswürdige Art, sein unglaubliches Organisationstalent und sein Wissen über Autos sind schlicht ausserordentlich. So eine fast grenzenlose Gastfreundschaft und Hilfe habe ich noch nie erlebt. Dafür bin ich ihm von Herzen dankbar.

Nun denn, Heinze hat den Stab übergeben, ich Edi werde in der nächsten Zeit die Berichte verfassen.

Gestern war der Tag schon etwas verrückt. Morgens in Rapperswil gestartet, führte mich die Reise über Zürich nach Amsterdam. Von da erfolgte der Grosse Sprung über den Atlantik. Abends um sechs war ich dann in Lima. Natürlich muss man die Zeitverschiebung einrechnen.

 

24.1.25

Mein zweiter Tag in Lima. Am Morgen kämpfe ich mit der Internetverbindung auf meinem Handy – ein epischer Kampf, den das WLAN knapp gewinnt. Danach brate ich das erste Berichtlein aus der Pfanne. Anschliessend besuche ich Heinze in der Schweizerschule.

Das ist allerdings nicht so einfach. Man muss sich zuerst anmelden, dann beim Eingangstor melden, wer man ist, was man will und wen man treffen möchte. (Die Sicherheitsvorkehrungen sind beachtlich!) Danach wird man vom ‹Torwächter› persönlich zu Heinze eskortiert – fast wie bei einem königlichen Empfang, nur ohne roten Teppich.

Die Schweizerschule ist wie eine kleine Stadt in sich. Eine Mauer umgibt das Gelände, und drinnen gibt es alles von der Spielgruppe bis zum Gymnasium. Ich komme mitten in den Ferien an – keine Kinder, keine Lehrer, und der Direktor ist ebenfalls ausgeflogen. Dafür wuseln überall Arbeiter herum, die renovieren, flicken und verschönern. Zu hinterst auf dem Gelände hat das Kamel seine letzte Etappe verbracht – neben den Autos der Schule, ganz unauffällig.

Seit einer Woche ist Heinze hier und repariert – allerdings nicht die Schule, sondern sein Toyota-Kamel. Tatkräftige Unterstützung bekommt er von einer Gruppe peruanischer Arbeiter. Momentan ist der hintere Dieseltank ausgebaut. Er tropft. Um ihn wieder einzubauen, fehlen Schrauben und Dichtungen – aber man nimmt es mit der landestypischen Gelassenheit.

Heinze hingegen regt sich auf, er will endlich losfahren. Meine ‹Hilfe› besteht darin, dass ich die Besteckschublade durchputze. Löffel polieren, Gabeln putzen, Messer schrubben – kennen wir doch aus Australien. 😜

Nach einem guten Mittagessen wagen wir uns in den Sodimac, einen gigantischen Handwerkermarkt. Wir suchen uns durch ein überwältigendes Angebot und finden sogar hie und da etwas.

Später müht sich Heinze in einem Claro-Telefonshop ab. Er will eine SIM-Karte kaufen, aber sein iPhone findet das eine schlechte Idee. Es gibt keine Verbindung.

Mit Uber fahren wir zurück zur Schule.

Um sechs gehe ich wieder in mein Hotel, um meine Informatikbaustellen zu bearbeiten.

 

25.1.25

Laut Plan wäre heute die Abfahrt aus Lima angesagt – gewesen. Aber der Tank steckt noch nicht einmal im Auto. Noch vor dem Frühstück verlängere ich im Hotel um eine weitere Nacht.

Danach schmeckt das Frühstück umso besser. Das Buffet ist grossartig, und ich schlage zu. Danach grüble ich noch etwas am Computer. Ein Teil meiner Informatikprobleme ist gelöst – Fortschritt!

Gegen zehn spaziere ich rüber zur Schule. Unterwegs komme ich am Campingshop vorbei. Ich brauche noch Gas, aber der Laden hat geschlossen. (Später, um elf, hat er offen: Ich decke mich mit Vorrat ein!)

Da ich bei der Tankrevision ohnehin nicht helfen kann, widme ich mich einer anderen essenziellen Aufgabe – dem Abwasch. Währenddessen wird der Tank eingebaut und der Diesel mühsam eingefüllt. Doch die Füllstandsanzeige bleibt stumm. Ergebnis: Palavern, Tank leeren, alles wieder raus.

Zum Mittagessen gönnen Heinze und ich uns eine königliche Mahlzeit in der Chifa Kam Mei My. Wir speisen wie Fürsten und rollen satt und zufrieden zurück in die Schule.

Dort haben die Arbeiter mittlerweile herausgefunden, dass der Füllstandsanzeiger falsch herum eingebaut wurde – immerhin ein Fortschritt. Allerdings müssen nun auch noch die Kontaktdrähte neu verlötet werden. Was soll’s!

Um vier Uhr sitzt der Tank wieder an seinem Platz, ist gefüllt – und diesmal funktioniert alles! Es ist Samstagabend, und die Arbeiter verabschieden sich nach und nach ins wohlverdiente Wochenende. Einer fegt noch wild den Arbeitsplatz sauber, während Heinze langsam ruhiger wird.

Zum krönenden Abschluss testen wir, ob wirklich alles läuft. Wir fahren ins historische Zentrum von Lima – und landen mitten im Verkehrswahnsinn. Die Strassen sind zum Bersten voll. Wir finden einen bewachten Parkplatz und erkunden zu Fuss die Gegend. Halb Lima scheint unterwegs zu sein. Nach gut einer Stunde treten wir den Rückweg an.

Gegen acht setzt mich Heinze beim Ibis-Hotel ab.

Morgen geht’s los – wirklich

 

26.1.25

Aufstehen, Computer, Frühstück – alles wie die letzten Tage. Ich packe, bereit zur Abfahrt, sobald Heinze kommt. Aber Heinze kommt nicht. Stattdessen eine Nachricht: Der Tank ist undicht.

Also packe ich wieder aus und marschiere zur Rezeption, um meinen Aufenthalt erneut zu verlängern. So langsam werde ich hier Stammgast.

Danach gehe ich einkaufen und treffe mich mit Heinze in einem kleinen Café. Bei einem Americano gibt es viel zu besprechen – nebenbei kämpfen wir noch mit der Aktivierung unserer eSIM-Karten.

Da heute Sonntag ist und mit dem Kamel sowieso nichts läuft, beschliessen wir, noch einmal in die Altstadt von Lima zu fahren. Wir nehmen den Schnellbus, der eine eigene Fahrspur hat und damit wesentlich schneller ist als andere Fahrzeuge. Trotz Limas gigantischer Grösse sind wir in relativ kurzer Zeit am Ziel. Die Stadtfläche ist vergleichbar mit dem Kanton Tessin, aber bei der Einwohnerzahl ist Lima haushoch überlegen: Je nach Definition der Vororte hat es mehr Menschen als die ganze Schweiz.

Inzwischen ist es Mittag, und wir steuern eine Chifa an. Das Essen ist fantastisch – aber die Portionen sind episch.

Wieder draussen kommt mir alles verdächtig bekannt vor. Tatsächlich: Wir stehen wieder auf der Plaza de Armas de Lima, genau dort, wo wir gestern waren. Direkt daneben ist das Museo de la Catedral de Lima. Die alte Fassade fasziniert mich, ich suche nach dem perfekten Fotomotiv – und platsch! Eine Taube hat mich als Ziel erkoren!

Hand, Handy, Shirt – alles getroffen. Ein klassischer Fall von Sch…dreck im wahrsten Sinne des Wortes.

Nach einer intensiven Putzaktion spazieren wir weiter, kreuz und quer durch die Stadt. Wochenende bedeutet, dass gaaaanz viele Menschen unterwegs sind. Überall sind Läden offen, es gibt Märkte, Musik, Tänze, Strassenkünstler – ein Fest für die Sinne und für die Kamera.

Später zieht es Heinze noch in einen Claro-Shop. Dort erfährt er endlich, warum seine SIM-Karten nicht funktionieren: Sein Gerät ist bei Claro seit Ecuador als gestohlen gemeldet, weil er die Karte dort mehr ein halbes Jahr nicht mehr gebraucht hat. .

Schade, dass die Dame mit den schönen Fingernägeln ihm das nicht gleich gesagt hat.

Nun muss Heinze beweisen, dass das Gerät rechtmässig ihm gehört. In zehn Tagen soll es dann entsperrt sein.

Um acht bringt uns der Schnellbus zurück nach Miraflores.

 

27.1.25

Montag. Während gestern am Kamel nichts gemacht wurde, tröpfelt der Tank weiterhin gemütlich vor sich hin – fast schon meditativ.

Der Morgen läuft wie gewohnt: aufstehen, frühstücken, warten. Heinze wartet auf Willi, der um sieben kommen soll. Antonio meint jedoch, Willi komme erst um acht.

Ich verlängere vorsorglich um eine weitere Nacht im Ibis – man weiss ja nie.

Um zehn Uhr schlendere ich rüber zur Schule. Weder Willi noch Antonio sind da.

Ich bleibe nicht lange – wollte mich nur kurz bewegen. Heinze bewacht weiterhin das Auto, ich verabschiede mich nach fünfzehn Minuten und gehe zurück. Ich muss noch Wäsche aufgeben.

Doch an der Rezeption stosse ich auf eine unüberwindbare Hürde: Wäsche muss bis zehn Uhr abgegeben werden, sonst gibt es sie erst am nächsten Abend zurück. Ich bin eine Stunde zu spät.

Da ich nicht weiss, wann wir nun tatsächlich aus Lima aufbrechen, kann ich mir das Risiko nicht leisten. Also suche ich eine Lavandería. Glücklicherweise finde ich eine nur ein paar hundert Schritte entfernt. Die Angestellte verspricht mir, dass alles bis siebzehn Uhr gewaschen und trocken ist. Perfekt!

Am frühen Nachmittag bin ich wieder in der Schule. Gemeinsam mit Hector gönnen wir uns ein Chifa-Essen – mittlerweile fast Tradition.

Zurück in der Schule stelle ich fest, dass ich nur eines kann: warten.

Willi, Antonio und ihre Kollegen haben den Tank ausgebaut und herausgefunden, dass die oberen Schweissnähte undicht sind. Nun wollen sie ihn in einer externen Werkstatt flicken lassen.

Ich ziehe mich zurück und lausche den spannenden Geschichten meines Kopfkissens. Um fünf wache ich auf und hole meine Wäsche ab. Alles tipptopp gewaschen und trocken.

Zurück im Hotel packe ich, soweit es geht. Ich kenne Heinze – der will bestimmt morgen früh um acht losfahren.

Eine halbe Stunde später klingelt das Telefon. Heinze meldet: Der Tank liegt, frisch zusammengeschweisst, hinter dem Kamel. Nix mit acht Uhr Abfahrt – wenn wir morgen Mittag loskommen, haben wir Glück.

Mal schauen … und erst mal drüber schlafen.

 

28.1.25

Aufstehen, duschen, frühstücken, faulenzen – soweit alles wie immer. Ich warte auf ein Zeichen von Heinze. Heute sollte Abreisetag sein.

Um halb zehn kommt die schlechte Nachricht: Bevor sie den Tank wieder einbauen, testen sie ihn mit Wasser. Ergebnis? Jetzt ist er weiter oben undicht!

Ich schlendere rüber zur Schule. Inzwischen haben sie den Tank geleert und erneut für den Abtransport vorbereitet. So langsam entwickelt er sich zu einem echten Wanderpokal.

Heinze hat den ganzen Tag nur von Kaffee gelebt – höchste Zeit für eine richtige Mahlzeit! Wir gehen in ein kleines Restaurant, damit er wieder zu Kräften kommt.

Danach gehe ich zurück ins Hotel, packe und checke aus. In aller Gemütlichkeit spaziere ich mit meinem Gepäck zur Schule. Heinze ist direkt zum Kamel gegangen.

Dort die nächste Ernüchterung: Als die Arbeiter mit dem frisch gelöteten Tank zurückkommen, ist er immer noch undicht. Also ziehen sie wieder los.

Ich setze mich unter einen Baum und beginne, meinen Bericht zu schreiben. Ich bin da wie bestellt und nicht abgeholt – mithelfen kann ich nirgends.

Wäre der Tank endlich dicht, könnten wir einkaufen gehen. Heute ist meine erste Nacht im Kamel geplant.

Doch es kommt anders. Zum Glück gibt es in der Turnhalle einen Geräteraum mit Turnmatten – perfekt zum Übernachten.

Irgendwann kehren die Arbeiter mit dem Tank zurück. Und? Überraschung: Er rinnt immer noch! Also geht es weiter zum nächsten „Löter“.

Gegen fünf Uhr kommen sie wieder – und diesmal scheint er dicht zu sein. Der Tank wird eingebaut und mit dem verbliebenen Diesel gefüllt.

Um sechs folgt die grosse Probefahrt. Hält er?Ja! 🎉

Wir fahren einkaufen. Heinze überprüft immer wieder nervös, ob irgendwo Diesel tropft.

Nach diesem ereignisreichen Tag ziehe ich mich auf meine Turnmatten zurück. Mal schauen, ob die wenigstens dicht sind.

 

29.1.25

Endlich! Es hat lange gedauert, aber heute ist es soweit: Der erste richtige Reisetag!

Wir stehen früh auf – so gegen sechs Uhr. Geschlafen habe ich tipptopp auf den Turnmatten, allerdings war die Luft warm und stickig.

Also, aufstehen, duschen, frühstücken (zum Glück haben wir eingekauft). Zwischendurch packen wir unsere Sachen.

Um neun ist alles abgewaschen, verstaut und aufgeladen.

Die Reise beginnt! 💨

Von Lima aus fahren wir südwärts, dem Meer entlang. Die Landschaft ist eindrücklich: Sanddünen reichen stellenweise fast bis ans Wasser, alles ist in verschiedenen Brauntönen gehalten. Nur selten tauchen grüne Flecken auf – dort wird dann aber meist intensiv Landwirtschaft betrieben.

Mir fällt auf, wie viele Bauprojekte irgendwo stecken geblieben sind. Da gibt es Grundstücke mit einer fertigen Mauer drumherum und einem halb hochgezogenen Erdgeschoss – und dann einfach Ende Gelände.

Das sieht man bei Industriebauten genauso wie bei Wohnhäusern. Ich vermute, das liebe Geld ist schuld.

Unterwegs besuchen wir einen Naturpark – und wow! Die Natur zaubert hier ein Spektakel: tiefblaues Wasser, skurrile Felsformationen, ein Himmel zum Niederknien … was will man mehr?

Zwischendurch bucht Heinze einen Übernachtungsplatz im CP Las Antillas. Auf dem Weg dorthin kehren wir in Santa Cruz ein und gönnen uns ein feines Abendessen.

Perfekter Abschluss für den ersten Reisetag!

 

30.1.25

Uiiii uiuiui! Heute beginnt der Tag schon um sechs Uhr. Wobei – eigentlich schon um Mitternacht. Denn da haben die Gockel beschlossen, die „Tagwacht“ einzuläuten. Und zwar im Schichtbetrieb.

Irgendwann habe ich genug und stehe auf. Ganz leise, um Heinze im Erdgeschoss nicht zu wecken. Eine kalte Dusche bringt mich endgültig in den Tag – nicht freiwillig, sondern weil der Warmwasserhahn offenbar nur kaltes Wasser im Angebot hat. Na ja, hilft nichts.

Beim Frühstück erzählt Heinze, dass Urs ihm einen Tipp gegeben hat: Irgendwo in der Wüste soll es „versteinerte Walskelette“ geben. Klingt spannend – und nach Abenteuer!

Wir packen zusammen und fahren Richtung Nazca. Hier gibt es die weltberühmten Scharrlinien und Bilder, aber die besuchen wir später.

Zunächst führt uns die Route durch endlose, braune Landschaft. Die Berge, Hügel und Ebenen sind eindrücklich, besonders die Farbspiele faszinieren mich. Aber irgendwann setzt der Déjà-vu-Effekt ein: War dieser Hügel nicht vorhin schon da?

In der Gegend, die Urs beschrieben hat, fahren wir zum Museo de Sacaco. Doch statt Walskeletten finden wir: nichts. Das Museum? Geschlossen.

Also halten wir uns noch genauer an Urs’ Anweisungen. Im Fischerdorf Lomas treffen wir auf ein paar Einheimische, die uns an Raphael „Pizza“ weiterleiten. Sein Nachname bleibt ein Rätsel, aber seine Begeisterung für Fossilien ist ansteckend.

Raphael nimmt uns mit in die Wüste, wo er schon einige Funde gemacht hat. Aber der Sand ist ständig in Bewegung – was gestern noch da war, ist heute vielleicht schon wieder verschüttet.

Schliesslich entdecken wir in einer Senke einen versteinerten Schädelknochen. Und dann: eine eindrückliche Wirbelsäule. Die lässt erahnen, wie gross das Tier war – rund sechs Meter! Beeindruckend.

Leider haben wir für die Suche mehr Zeit gebraucht als geplant. Es ist schon nach fünf, als wir Raphael nach Hause bringen und uns auf den Weg nach Nazca machen.

Dort wollen wir im Hotel La Maison Suisse übernachten – laut Beschreibung eine gute und sichere Wahl. Doch erst spät merken wir, dass uns die Karte einen falschen Standort angibt. Und noch schlimmer: Das Hotel ist geschlossen!

Viel zu spät landen wir in der Nazca Lodge, wo wir endlich einchecken und uns vom Tag erholen können. Was für ein Abenteuer!

 

31.1.25

Der heutige Tag beginnt wieder früh. Sehr früh. Offenbar haben die Gockel in Peru eine ganz eigene Vorstellung davon, wann der Morgen beginnt.

In der Lodge gibt es einen Pool – und eine dazugehörige Dusche, die auch von den Campierenden genutzt wird. Für mich bedeutet das: eine besonders erfrischende Morgendusche. Sehr erfrischend.

Die Lodge ist von einer Mauer umgeben, was den Vorteil hat, dass wir nicht alles einschliessen müssen. Unsere Geräte und Gerätchen können wir über Nacht draussen laden lassen. Am Morgen heisst es dann allerdings: zuerst den Frühstückstisch freiräumen.

Nach dem Frühstück packen wir zusammen und machen uns auf den Weg nach Cantalloc. Hier wollen wir das alte Brunnen- und Wassersystem der Nazca besichtigen. Die Brunnen sind über spiralförmige Wege erreichbar – nicht nur interessant, sondern auch ästhetisch schön.

Während wir die Anlage erkunden, spricht uns plötzlich ein Zürcher Ärzteehepaar an. Sie haben unsere Berner Autonummer gesehen und scheinen froh, wieder einmal Dialekt zu sprechen. Ein kurzer Schwatz über Reisen, Abenteuer und Heimat – dann geht es für beide Parteien weiter.

Unsere nächste Station sind die Cahuachi-Pyramiden. Wir kommen in der fast heissesten Tageszeit an, was dem Hüter der Ruinen wohl völlig unverständlich ist. „Warum nicht bis zum Abend warten?“, meint er kopfschüttelnd.

Die Stätte ist eindrücklich. Die freigelegten Grundmauern, die mit Hilfe italienischer Archäologen konserviert wurden, zeigen die gewaltige Dimension der Anlage.

Auf dem Weg nach Ica kommen wir an den berühmten Nazca-Linien vorbei. Doch aus der Nähe sieht man vor allem eines: gerade Linien im Sand. Wir klettern auf einen Hügel, um einen besseren Blick zu bekommen.

Mit den Scharrbildern ist es ähnlich: Man erkennt sie erst aus einer gewissen Höhe. Ein Aussichtsturm hilft – aber wirklich beeindruckend wäre der Blick von noch weiter oben. Kein Wunder, dass alle berühmten Aufnahmen aus dem Flugzeug stammen.

Unweigerlich stellt sich die Frage: Wie zur Hölle konnte man vor 2000 Jahren solche Figuren entwerfen, wenn sie doch nur aus der Luft wirklich sichtbar sind? Die grössten sind vierzig bis fünfzig Meter gross!

Am Abend erreichen wir die Oase von Huacachina. Ein kleiner, aber sehr touristischer Ort, umgeben von riesigen Dünen. Hier geht man Dünenwandern, Sandskifahren, Buggyfahren und was es sonst noch an sandigen Abenteuern gibt.

Junge, sportliche Leute aus Peru und aller Welt tummeln sich hier. Wir hingegen übernachten in einem ruhigen Innenhof.