1.07.2024
Das Kamel ist unterwegs bis Chacas, weiterhin auf Bergstrassen in grossen Höhen, ich staune über die beeindruckende Landschaft.
Hier in den Bergen sind die Frauen eindeutig das stärkere Geschlecht. Erstaunlich, was diese alles mitschleppen: schwere Bürden mit Brennholz, Heu, Tücher mit Kindern, Säcke mit Kartoffeln und allerlei Dinge. Die Frauen in der Region sind bemerkenswert fleissig, vor allem in der Landwirtschaft. Sie bauen Kartoffeln und Quinoa an.
In den Bergen stelle ich übrigens oft Augenkrankheiten fest. Ich weiss nicht genau, worum es sich handelt, es sieht aus wie ein grauer Star, meistens sind die Leute halb erblindet oder gar ganz blind, und ihre Augen sind weiss oder matt. Es ist traurig zu sehen, wie verbreitet dieses Problem hier ist.
2.07.2024
Auf den holprigen Strassen in den Bergen gibt es einen besonderen Verdienst für Kinder: Die Strassen haben zahlreiche, zum Teil tiefe Löcher. Die Kinder stehen bereit mit einer Schaufel und etwas Kies. Wenn sich ein Auto nähert, machen sie sich bereit, und just wenn sie im Gesichtsfeld des Fahrers sind, schaufeln sie etwas Kies in das Loch und halten einen Kessel für eine milde Gabe hin. Es ist erstaunlich zu sehen, wie einfallsreich und fleissig diese Kinder sind, um ein wenig Geld zu verdienen. Die rauen Bedingungen hier in den Bergen erfordern viel Einfallsreichtum und Anpassungsfähigkeit, und das sieht man schon bei den Kleinsten.
3.07.2024
Ich habe schlecht geschlafen. Der Platz in Chavín ist sicher und auch gut, aber irgendwie habe ich in der Höhe sehr oft wirre Träume. Und das Atmen fällt sichtlich schwerer. Ich übernachte übrigens auf einem Platz, wo auch Zelte einer Hilfsorganisation stehen. Die Leute erzählen mir, vor drei Jahren hätten sie die Häuser verlassen müssen; 16 Häuser wurden verschüttet. Hier gibt es immer wieder zahlreiche Lawinen mit Schutt und Geröll. Das sei mitunter auch der Grund, warum man die Tempelanlage La Chavín lange Zeit nicht erahnt hat. Und was ausgegraben ist, wird oftmals dann wieder verschüttet. Ich werde dem auch noch ein bisschen nachgehen.
Die Ruinen in Chavín sind ein Highlight. Die archäologische Stätte Chavín de Huántar ist eine der ältesten und bedeutendsten präkolumbischen Kulturen in Peru. Sie war das religiöse und kulturelle Zentrum der Chavín-Kultur, die etwa von 900 v. Chr. bis 200 v. Chr. blühte. Die Anlage besteht aus einer Reihe von beeindruckenden Tempeln, Plätzen und unterirdischen Gängen. Besonders bemerkenswert ist der Templo Mayor, der Haupttempel, der mit aufwendigen Steinskulpturen und Reliefs verziert ist. Eines der berühmtesten Artefakte ist der Lanzón, eine monolithische Granitdarstellung im Inneren des Tempels. Die Architektur und Kunst von Chavín de Huántar zeigen den hohen Entwicklungsstand und die spirituelle Bedeutung dieser alten Kultur.
4.07.2024
Schlafen ist gesund. Ich kann eigentlich überall schlafen. Aber nicht in jeder Höhe und nicht in allen Temperaturbereichen. Es war kalt – minus 5 Grad auf 4281 Metern. Ich musste mindestens dreimal aufstehen und bin achtmal erwacht. Die Träume sind wirr, und meine Nase ist komplett vertrocknet, die Nasenschleimhäute sind gereizt, und die Luft hier ist extrem trocken. Ich bin definitiv in der Pampa. Es heisst hier auch Pampa, Pampa de Chico. Die Felsen heissen Hatun Machay. Und liegen immer noch in den Kordilleren.
Es ist eine Art Camp für Kletterer. Bouldern heisst das modern. Die Felsen laden tatsächlich zum Hochkraxeln ein. Aus vielen Nationen sind Leute hier und schlafen in Tunnel Zelten. Es gibt eine Küche und einen Aufenthaltsraum, ähnlich wie in einer SAC-Hütte.
Man staunt, aber wenn ich genau hinschaue, kann ich mir vorstellen, dass die Kletterer warm genug hatten. Alle, fast alle, verfügen über eine Hightech-Ausrüstung. Super Schlafsäcke. Und kaum sind sie aus dem Schlafsack und dem Zelt gekrochen, werfen sie sich in superbunten flauschigen Hightech-Kostüme und Jacken über. Ja, so kann man wahrscheinlich Kälte gut wegstecken.
5.07.2024
Je mehr ich mich der Küste nähere, desto grüner wird zunächst die Vegetation. Doch dann geht es zunächst in ein Wüstengebiet über. In den Ortschaften sind die Häuser sind zunehmend vergittert, und in der App iOverlander häufen sich Warnungen vor bewaffneten Überfällen, sogar auf Campingplätzen.
Das Essen wird teurer, doch die Strassen sind besser ausgebaut. Das Rütteln und Holpern und Schlagen hat vorläufig ein Ende gefunden. Die Häuser hier sind aus Beton und haben Flachdächer. Es gibt Fruchtbäume, Chilis und Bananenbäume.
6.07.2024
Heute war ein archäologischer Tag, der spannend begann, denn ich durfte auf dem Gelände des Archäologen-Camps mitten in Caral übernachten. Caral ist eine der ältesten Städte der Welt und gilt als das Zentrum der Caral-Kultur, die etwa um 2600 v. Chr. entstand. Die archäologische Stätte umfasst imposante Pyramiden und Wohnanlagen, die eindrucksvolle Zeugnisse präinkaischer Zeit darstellen.
Früh morgens, zwischen 8 und 10 Uhr, habe ich das Gelände um die Pyramiden erkundet. Ich war ganz allein mit diesen beeindruckenden Kulturschätzen aus der präinkaischen Zeit. Später habe ich den offiziellen Eingang genommen und mich einer französischen Gruppe angeschlossen. Die Führung war auf Spanisch, da niemand Englisch oder Französisch sprach. Mittlerweile bin ich mit der Sprache ziemlich vertraut und verstehe etwa 70 %. Die restlichen 30 % habe ich einfach interpretiert.
Am Nachmittag fuhr ich dann nach Vichama. Vichama liegt in der Nähe von Caral und ist ebenfalls für seine pyramidalen Strukturen und antiken Überreste bekannt, die wichtige Einblicke in das Leben und die Entwicklung der Caral-Kultur bieten. Besonders interessierte mich eine mit Reliefs verzierte Wand.
Dort wollte ich mich ohne Führung auf dem Gelände bewegen, habe die Brille geputzt und mich als Archäologen ausgegeben. Die Herausforderung war dann, dass sie dann aufgrund meiner Angaben tatsächlich eine echte, kompetente Archäologin an meine Seite stellten, zum gleichen Tarif wie für eine gewöhnliche Führung. Auch diese Archäologin sprach nur Spanisch. Trotzdem war es sehr spannend. Und ich habe mein ganzes Wissen, das ich mir während der Archäologischen Grabungen 1975 in Twann angeeignet habe, einzugeben versucht… 😉
7.07.2024
Ich bin in der Höhle des Löwen. Oder eben des Drachens… Ich habe mich im Hotel Sunset in Chancay einquartiert. Es ist ein Hotel, das gerne Overlander empfängt. Aber es empfängt auch andere Gäste. Die vielen schwarzen Limousinen chinesischen Ursprungssind auffällig. Und tatsächlich fühle ich mich wie zu Hause, es wird fast nur chinesisch gesprochen. Es scheint ein Hort der chinesischen Ingenieure zu sein. Im Zusammenhang mit der neuen chinesischen Seidenstrasse entsteht hier ein Monster Hafen. Dieser ist ja sehr umstritten. Vor allem auch was die Umweltbelastung an belangt.
Ich finde hier eine gute Ausgangslage um meine Sachen ein bisschen zu organisieren, und die Wäsche waschen zu lassen. Ich bleibe zwei Nächte. Die Alessandra von dem Reisebüro … hat mir ein Flug buchen können. Ich werde Peru am 10.07.24 verlassen.
8.07.2024