1.05.2024
Wir sind in Minca. Und fahren nach Bucaramanga. Das ist so eine Art Zwischenhalt…
Ich finde einen interessanten Artikel zu der Reform Problematik in Colombia: Die Landfrage betrifft ganz Kolumbien. (Über die Möglichkeiten und Grenzen der Agrarreform unter der Regierung von Präsident Gustavo Petro. Ein Gespräch mit Itayosara Rojas, veröffentlicht „Junge Welt“, 13.03.2024).
In Kolumbien ist Landbesitz stark konzentriert. Wie kam es dazu?
Die extrem ungleiche Landverteilung in Kolumbien ist ein ernsthaftes Problem. Nur zwei Prozent der Grundbesitzer kontrollieren 86 Prozent des landwirtschaftlich genutzten Bodens. Dieses Ungleichgewicht hat seine Wurzeln sowohl im kolonialen Erbe als auch im Zerfall der Haciendas und der damit einhergehenden Gewalt. Während des Konflikts zwischen Konservativen und Liberalen in Kolumbien wurde Land gezielt von wenigen Personen akkumuliert. Historisch gesehen haben verschiedene Faktoren zu dieser Landkonzentration beigetragen, aber Gewalt und Enteignung waren entscheidende Elemente. Schätzungsweise sechs Millionen Menschen wurden vertrieben, und etwa sechs Millionen Hektar wurden enteignet.
Ein dramatisches Beispiel ist die Enteignung durch Paramilitärs, bei der Kleinbauern gezwungen wurden, ihr Land zu verkaufen, oft unter Bedrohung ihrer Familien. Dieses Phänomen war besonders in Regionen wie Urabá, Córdoba und Sucre verbreitet, wo heute eine hohe Konzentration von Landbesitz und Aktivitäten wie extensive Viehzucht und Ölpalmenanbau zu beobachten sind.
Hinzu kommt, dass viele Großgrundbesitzer führende Politiker in ihren Regionen sind, die ihre Macht nutzen, um bürokratische Positionen zu besetzen und Wahlen zu beeinflussen. Diese enge Verbindung zwischen Landbesitz, politischer Macht und Kontrolle über die Bevölkerung wird als »soziale Konstellation der Latifundien« bezeichnet.
Sie haben den Kolonialismus als einen Ursprung der heutigen Landverteilung angesprochen. Welche Rolle spielt Großbesitz von Ausländernseit dem Ende des spanischen Kolonialismus?
Die Integration der kolumbianischen Landwirtschaft in den internationalen Markt begann gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Export von Rohstoffen wie Chinin und Kautschuk als Erbe der kolonialen extraktiven Ökonomien. Er wurde von ausländischem Kapital vorangetrieben. Ein bekanntes Beispiel ist die United Fruit Company aus den USA, die großen Landbesitz in Kolumbien erlangte und für das Massaker an streikenden Arbeitern im Jahr 1928 verantwortlich gemacht wird. Das Nachfolgeunternehmen Chiquita Brands wurde ebenfalls mit Paramilitärs in Verbindung gebracht und akkumulierte ebenfalls großen Landbesitz. Aber auch italienische, spanische und britische Konsortien waren stark vertreten, insbesondere im Zusammenhang mit der Ölpalmenproduktion im Departamento Meta und im Korridor zwischen Guaviare und Meta, wo es ebenfalls paramilitärische Landnahme gab. Ein emblematisches Beispiel ist die Gemeinde Mapiripán, wo ein Massaker der Paramilitärs stattfand und sich heute ein Epizentrum der Ölpalmenproduktion befindet, die von einem ausländischen Unternehmen betrieben wird.
Heutzutage erleben wir alte Dynamiken in neuer Ausprägung. Die Einführung der kolumbianischen Landwirtschaft in den internationalen Markt führte zu einer neuen Landkonzentration, oft durch ausländische Kapitaleigner, insbesondere im Zusammenhang mit Agrotreibstoffen und der rasanten Expansion der Palmölproduktion. Darüber hinaus gibt es Entwicklungen wie das Vordringen der extensiven Viehwirtschaft in den Regenwald, der in Weideland für die Rinderzucht umgewandelt wird, um mit dem Land zu spekulieren.
Wie funktioniert denn das genau?
Die Nutzung von Vieh zur Rechtfertigung von Landbesitz ist eine weitverbreitete Praxis. Indem er Vieh hält, signalisiert der Eigentümer, dass er das Land nutzt und beansprucht. Dies dient als Strategie, um den Wert des Bodens zu steigern und den Anspruch auf Eigentum zu festigen. Wenn wenige Besitzer große Landflächen kontrollieren, entsteht ein Monopol auf dem Bodenmarkt. Diese Monopole können dann den Preis bestimmen und von der Dynamik der Spekulation profitieren. Die Nutzung von Viehzucht als Mittel zur Rechtfertigung und Konsolidierung von Landbesitz trägt somit zur weiteren Konzentration von Landeigentum bei und ermöglicht den Eigentümern, von Bodenspekulationen zu profitieren.
Im bewaffneten Konflikt in Kolumbien hat die Landfrage immer eine herausragende Rolle gespielt. Für die Linke, auch die Guerillas, war und ist sie eine Priorität. Können Sie das einmal aus dem historischen Kontext heraus erklären?
Die steife agrarische Struktur, die hohe Konzentration des Grundbesitzes und der Ausschluss bestimmter sozialer Gruppen vom Landbesitz sind grundlegende Ursachen für den bewaffneten Konflikt. In den 1920er Jahren eskalierte der Konflikt zwischen Großgrundbesitzern und Pachtbauern. Die Hacienda-Besitzer gestatteten den Pachtbauern, ihr Land zu bewirtschaften, behielten jedoch die Produktion für sich. Oft wurden die Pachtbauern lediglich mit Gutscheinen entlohnt, die sie nur in ausgewählten Geschäften gegen Lebensmittel, Kleidung und andere Güter eintauschen konnten. Der Kampf gegen diese Ausbeutungsverhältnisse leitete eine Phase der Organisation und des Widerstands der Bauern ein.
Viele der heutigen »Zonas de Reserva Campesina«, die die bäuerliche Wirtschaft, den Frieden und die soziale Gerechtigkeit fördern, gehen auf Bauernverbände dieser Zeit zurück. Dies verdeutlicht, dass die Agrarfrage seit jeher nicht nur von bewaffneten Gruppen, sondern von sozialen Bewegungen allgemein aufgegriffen wird. Die Bedeutung der Landfrage für die sozialen und bäuerlichen Kräfte steht im Zusammenhang mit dem Prozess der Demokratisierung der Grundbesitzstruktur und der Umverteilung des in der Landwirtschaft erwirtschafteten Einkommens. Das Ziel ist eine Reform, die es dem Staat und den Bauerngruppen, die zuvor kein Land besaßen, ermöglicht, am Einkommen der Landwirtschaft teilzuhaben. Diese Forderung besteht bereits seit 1920. Historisch gesehen führte die Gewalt gegen die Bauernschaft zu Organisationsprozessen, aus denen auch die Guerilla FARC-EP hervorging. Zu ihrem Gründungsmythos wurde die Bombardierung des widerständigen Dorfes Marquetalia. Auch die indigene Bewegung wurde verfolgt und fand einen bewaffneten Ausdruck in der bewaffneten Bewegung »Quintín Lame«. Was ich betonen möchte, ist, dass die Agrarreform und die Kämpfe um das Land ein Thema sind, das die gesamte kolumbianische Gesellschaft betrifft und über Erscheinungen wie die FARC-EP hinausgeht.
Andere Länder der Region haben mehr oder weniger weitreichende Agrarreformen durchgeführt. Wieso ist das in Kolumbien nie geschehen?
Die landbesitzende Klasse und die politische Elite in Kolumbien haben sich als äußerst widerstandsfähig gegen Umverteilungsmaßnahmen erwiesen. Im Gegensatz dazu war die landbesitzende Klasse in Brasilien eher zu einem Kompromiss bereit. Jeder Versuch einer Agrarreform in Kolumbien wurde mit einer Gegenreform beantwortet. Obwohl das erste Agrarreformgesetz von 1935 von einigen als konservativ angesehen wurde, enthielt es dennoch progressive Elemente, wurde jedoch bereits 1942 wieder abgeschafft. Im Jahr 1961 gab es einen ernsthaften Versuch einer Agrarreform in Kolumbien mit dem Gesetz 165. Dieses wurde jedoch durch einen Klassenpakt zwischen den Großgrundbesitzern der beiden traditionellen Parteien (Liberale und Konservative, jW) beseitigt. Die Grundbesitzerklasse in Kolumbien ist äußerst mächtig und hat es bisher immer geschafft, eine wirkliche Agrarreform zu verhindern.
Im Friedensabkommen zwischen dem kolumbianischen Staat und der ehemals größten Guerilla des Landes, FARC-EP, war eine umfassende Landreform ein zentraler Punkt. Was waren die wichtigsten Vereinbarungen, und was wurde davon bis heute umgesetzt?
Der erste Punkt des Abkommens ist eine integrale Landreform, die die Formalisierung von Landbesitz sowie die Einrichtung eines Landfonds umfasst, um Landlose und Kleinbauern zu unterstützen. Eine weitere Verpflichtung des Friedensabkommens betrifft die Auswahl bestimmter prioritärer Gemeinden für staatliche Interventionen zur lokalen Entwicklung. Sowohl die Regierung von Expräsident Juan Manuel Santos, die den Friedensvertrag unterzeichnet hat, als auch die nachfolgende Regierung von Iván Duque haben die Umsetzung des Abkommens vernachlässigt und im Fall von Duque gar sabotiert. Nun nimmt die aktuelle Regierung endlich die Erfüllung des Friedensabkommens in Angriff und geht bei ihren Plänen für eine Landreform über das damals Vereinbarte hinaus.
Worin unterscheidet sich denn Petros Vorhabendavon?
Die Agrarreform der Regierung unter Präsident Gustavo Petro hat ein breiteres Konzept, das nicht nur einige Gemeinden betrifft, sondern auch die fruchtbarsten und konzentriertesten Agrarflächen. Die nationale Regierung plant, das bestehende Agrarreformgesetz wiederaufzugreifen und eine koordinierte Umsetzung der umfassenden ländlichen Reform sowie anderer ländlicher Entwicklungsrichtlinien sicherzustellen. Ein wichtiger Schritt im Rahmen dieser Strategie ist die Festlegung von Schwerpunktregionen für die Agrarreform, die in Gebieten mit stark konzentriertem und brachliegendem Land wie der Karibikküste, dem mittleren Magdalena und dem Süden der Guajira liegen. Diese Gebiete sollen produktiver genutzt werden, um die Nahrungsmittelproduktion zu fördern. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass diese Bemühungen nicht nur die Umverteilung von Land, sondern auch die Förderung einer nachhaltigen und diversifizierten landwirtschaftlichen Produktion umfassen, die lokalen Bedürfnissen entspricht. Dies erfordert auch Investitionen in Straßen, Gesundheit und Bildung. Ziel ist, den Landbewohnern die Kontrolle über ihr Land und ihre Lebensgrundlage zurückzugeben und die rurale Entwicklung zu stärken.
Was erwarten Sie, wie weit die Regierung Petro mit ihrer Agrarreform kommen könnte, und worin liegen ihre konzeptionellen Grenzen?
Die Regierung verfolgt ihre weitreichende Landreformstrategie vorrangig an der Karibikküste, während die fruchtbaren Andentäler und Gebiete mit hoher Landkonzentration im Süden, wo viel Zuckerrohranbau stattfindet, unberührt bleiben. Dennoch wäre es ein bedeutender Fortschritt, wenn die geplanten Maßnahmen für die Karibikküste tatsächlich umgesetzt würden. Die Grenzen der Landreform sind vor allem politischer und historischer Natur.
Die Regierung hat sich für einen Verhandlungsansatz zur Agrarreform entschieden, was bedeutet, dass der freiwillige Verkauf und Kauf von Land zum üblichen Marktwert erfolgen soll, um es umzuverteilen. Die Hauptgrenzen liegen dabei in der Bereitschaft der Landbesitzer, ihr Land zu verkaufen, sowie in den finanziellen Ressourcen der Regierung und der Zeit, die ihr noch bleibt. Einige Großgrundbesitzer zögern, ihr Land zu verkaufen, selbst wenn sie es nicht produktiv nutzen, da sie dadurch die politische Macht verlieren würden. Mit anderen Worten: Die Durchführung einer Agrarreform an der kolumbianischen Karibikküste bedeutet in gewisser Weise die Entmachtung der regionalen politischen Elite.
2.05.2024
Weiter geht es nach San Gil und Barichara. Wir lassen uns in einer PermaCulture Farm nieder – es ist für die Overlander ein bekannter Treffpunkt. Zudem ist das Dorf absolut wunderbar.
Über die Finca steht unter anderem: Hi there! We are Joep and Julia (both Dutch), very nice that you´re having a look at our page 🙂
After having worked as an archaeologist and architect and traveling the world, we settled down on a beautiful secluded plateau in the mountains, just outside the cultural heritage village of Barichara. With a passion for sustainable design, construction and nature, we renovated the finca´s old farmhouse (rammed earth, adobe), planted many native trees and built an ecological waste water recycling system. We are now also implementing regenerative practices starting a food forest (syntropic agroforestry, rain water harvesting) and are sharing two dry stone wall outdoor bathrooms – thanks to our wonderful volunteers 🙂 And there are still many more exciting things to do!
We have also set up a campsite to share our little patch of Colombian landscape with travelers from all over the world. The property feels a bit like a natural playground where we keep on learning about permaculture and experimenting with various sustainable (building) techniques. We love to exchange ideas, work together, be creative and learn. And it is inspiring to be part of a very active regenerative community here in Barichara. We also enjoy hiking and have two adorable adopted dogs.
3.05.2024
Wir bleiben und geniessen die Gegend um Barichara. Es ist der bisher schönste Ort den ich hier in Colombia entdeckt habe.
Die charakteristische Architektur aus Lehmhäusern mit spezieller Konstruktion verleiht dem Städtchen einen einzigartigen Charme, der Jahrhunderte überdauert hat. Die Bauweise von Barichara ist ein Meisterwerk einer traditionellen Handwerkskunst. Die Lehmhäuser, die das Stadtbild prägen, zeugen von einer einzigartigen Konstruktionstechnik, die lokale Materialien nutzt, um robuste und gleichzeitig ästhetisch ansprechende Strukturen zu schaffen. Die besondere Bauweise ermöglicht zudem eine natürliche Kühlung in den heissen Klimabedingungen und verleiht den Gebäuden eine bestimmte Eleganz.
Barichara wurde im Jahre 1705 gegründet und hat demzufolge eine Kolonialgeschichte. Hier war ein wichtiger Handelsposten auf dem Weg von Bogotá nach Santa Fe de Antioquia. Die majestätische Kathedrale von Barichara, erbaut im 18. Jahrhundert, ist ein Meisterwerk der Kolonialarchitektur und ein Symbol der kulturellen Bedeutung der Stadt. Das geschützte Ortsbild bewahrt die Atmosphäre vergangener Epochen. Doch das wahre Juwel von Barichara sind seine freundlichen Menschen, die Besucher mit offenen Armen empfangen und stolz ihre Heimatstadt präsentieren.
4.05.2024
Ein weiterer Morgen auf Guaimaro (ein seltengewordener Baum, einer davon steht auf dem Grundstück). Am Vormittag führt uns Joep durch die Permanent Culture Farm. Cup und Julia sind Selbstversorger, er ist ursprünglich Archäologe, sie Architektin. Eine Superkombination… Julia plant und entwirft – und Yup baut in traditionell Weise nach der Konstruktionstraditionen der Gegend. Zumeist auch mit Lehm. Die Bauten sind unbeschreiblich, ich werde ein paar Telefonbilder zur Veranschaulichung beifügen. Zum Teil wurden alte Teile der ursprünglichen Tabakfarm belassen. Alle Baumaterialien nebst dem Lehm stammen aus recyclierten Teilen der uralten Farm. Im Übrigen finde ich hier die schönste Badezimmereinrichtung die ich bisher auf der ganzen Welt gesehen habe. Die Toilette verleitet zum Verweilen – auch ohne Handy oder Zeitung, haha.
Die Wasserversorgung erfolgt durch die Zisternen und dem hauseigenen Filtersystem. Das Toiletten Wasser wird durch eine Wurmschichtung nach Ernst Gotsch gereinigt. Der Wurmkot dient als Dünger in einer nahestehenden Bananen und Früchteplantage. Die ganze Anlage bleibt vollständig autark. Es gibt weder Gifte noch umweltschädliche Einflüsse: Und es funktioniert. Sehr eindrücklich!
Joep weiss enorm viel und zeigt auch, wie er das Land vor Eruption schützt, wie er durch Hecken mit verschiedenen Stockwerken das Gelände stabilisiert. Mit geplantem Schneiden und geplanten Generationen provoziert er ein rasches Wachstum zur Festigung. Wir sehen verschiedene Höhenschichtungen. Ich glaube, um dieser Farm gerecht zu werden bräuchte ich nun mehrere Seiten…
5.05.
Gestern bin ich zurück nach Bacaramunga gefahren, um 18 Uhr angekommen. Und weil es Samstag war, kam ich im Bett vom Kamel in den Genuss von mindestens drei umliegenden Discos…
Heute bin ich weitergereist. Nach Santa Rosa del Sur. Ein gewöhnlich kleines Dörfchen? Bei weitem nicht. Ich werde hier von den Toyoteros empfangen. Ich glaube in diesem Dorf hat es fast gleich viele Toyota Landcruisers wie Einwohner.
Die ewigtreuen Autos, vor allem in der Pickups Version, versorgen die umliegenden Dörfer und Goldminen. andere Autos würden das erst gar nicht schaffen. Mercedes und VWs und andere Geländewagen sind hier gescheitert, wie man sagt. Ich glaube, man kann das erst verstehen, wenn man den Videolink zum YouTube hier anklickt.
es gibt denn auch Werkstätten zuhauf, die auf die Landcruisers spezialisiert sind.
Denn auch diesen verrückten Fahrten kommt mancheiner nicht mehr ganz in der ursprünglich Form zurück, Mit den hohen Ladungen von mehr als 3.5 t kippen die oft auch.
am Abend gibt es ein Fest. Guarapo heisst der Zaubertrank, und er muss aus irgendwie fermentiert Mais hergestellt werden. Ein Indio Traditions Getränk aus der Gegend. Aber es haut einem fast um.
Am Abend und die kommenden Tage darf ich auf einer Finca übernachten. Etwas ausserhalb des Dorfes. Die Taschen müssen auch hier diszipliniert immer geschlossen bleiben. Da gibt es relativ viele lustige Tiere. Handgrosse Vogelspinnen zum Beispiel. Die sind sehr schnell. Aber nicht schnell genug, um dem Besen des Finca Arbeiters zu entgehen. Man müsse sie totschlagen, meint er, weil sie würden die kleinen Kinder stechen. Arme Spinnen… ganz flach dann.
6.05.2024
Ich werde massiv durchgeschüttelt. Diesmal nicht mit dem eigenen Kamel, sondern in einem Pickups eines lokalen Toyoteras namens Kike . Diese Fahrt vergisst man nicht. Man schleudert über die Pisten im Konvoi, um einander gegebenenfalls aus dem Dreck ziehen zu können. Oder bei den Reparaturen vor Ort zu helfen. Eines der Autos überhitzt, und alle spenden ihr Trinkwasser, um dem Fahrer aus der Patsche zu helfen. Die Autos werden extrem gefordert, die Technik darf niemanden reuen. Mit 3000 bis 4500 U/min heulen die Autos die extrem steilen Strassen hoch. Jetzt wird mir auch bewusst, weshalb die LandCruiser immer auch einen Handgriff vorne haben. Sowohl der Fahrer wie auch der Mitfahrer muss ich ab und zu richtig gehend festklammern. Der Fahrer wechselt im Minutentackt zwischen 4×4 und Reduktions Getriebe hin und her. Und immer nach 1 Stunde Fahrt gibt es vor Ort ein fermentiertes Maisgetränk zur Stärkung.
Mein eigenes Kamel steht derweil in einer der zahlreichen Garagen zur Rostbehandlung und zur Reparatur der Sitze.
7.05.2024
Eigentlich sei hier immer noch Krieg. Doch die Einwohner sind genügsam und ertragen die Situation, die besser ist als auch schon, doch sie nehmen mich nur auf eine ausgewählte, sichere Piste mit. Koka Bauern und die bewaffneten Guerilla Gruppen habe es aber auch hier. Aber wir sind ja im Konvoi, und das Rote Kreuz ist auch vor Ort. Es sei immer eigentlich primär ein Krieg zwischen den Fuerzas Armadas und den Paramilitärs. Und dieser Krieg der seit 1964 immer wieder aufflammt würde sich auf die gewöhnlichen Einwohner nicht immer auswirken.
Ich sehe tatsächlich verschiedene Rotkreuzfahrzeuge.Und es hat haufenweise unerwartete Checkpoints der Militärs.
In der Gegend gibt es Kaffeeplantagen und Kakaoplantagen, und die Bauern haben auch gemerkt, das „Café natural organico no se han pesticidas o fertilizantes sintéticos“ eine grössere Chance auf dem Markt hat. Zunehmend werden Kaffeeplantagen auf Bio umgestellt. Neben dem richtigen Gold hier sei dies schwarze Gold in der Region.
Wir besuchen eine Kakaoplantage, mit durchaus spirituellem Hintergrund. Man achtet auf der Plantage auf die verschiedenen Stockwerke der Bäume und Sträucher, denn Kakao sowie Kaffee vertragen keine sengende Sonnenstrahlen. Alles hier ist natürlich biologisch, und die Besitzerin Dana Marlena lebt ein mit der Natur vereintes Leben. Sie hat noch nie ein Handy gebraucht.
Doch verschiedene Krankheiten und Pilzen machen sich auch hier bereit, wie wir sehen. Doch auch diese vermag sie auf natürliche Art zu bekämpfen, wichtig dabei sei, das Material sofort einzusammeln und zu verbrennen.
Die wundervolle Umgebung mit den dichten Wäldern und Plantagen sind beeindruckend. Die 70-jährige Powerfrau Dona Marlena und ihre Verstecke in der Natur, im Urwald beeindrucken mich. Sie hätten mit diesen Verstecken, die gleichzeitig Kultstätten und Kraftorte seien, bisher den 50 jährigen Krieg überleben können.
8.05.2024
Die Leute haben oft einen Übernamen, es gibt El Burro, Piranha, El Loco, Kike, Salchicha, Culo, Yeison, … und selbst die Frauen: Motosierra, Dedo oder Pinza de Ropa…
Heute konnte ich kurz 17,500 $ in den Händen halten. Einen kleinen Goldbarren. Ich bin an einem Ort, der geheim gehalten wird… in der Nähe einer Mine wird das reine Gold eingeschmolzen und zu einem Barren geformt. Das sonderbare ist, ich kann weder Wachen noch spezielle Schutzvorrichtungen entdecken. Nur fotografieren darf ich nicht alles. Und nicht mit GPS. Die Arbeiter meinen, hier seien alle absolut sicher. Es würde nichts passieren. Einer von diesen Leuten hat mehrere Goldbarren in den Taschen, geschätzte 50,000 Fr. und saust dann irgendwann mit dem Motorrad davon.
Mit der Zeiteinteilung haben die Leute manchmal ein wenig Mühe. 8:00 Uhr ist halt nicht 8:00 Uhr 10:00 Uhr ist auch nicht 10:00 Uhr und 12:00 Uhr halt eben auch nicht die Mittagszeit. Die ganze Arbeiten verzögern sich oft ein bisschen. Ich hoffe immer noch dass ich morgen dann abfahren kann.
Immerhin habe ich heute die Sitze geflickt, und die Spenglerei ist mit den Rostreparaturen fertig geworden. Das Kamel sieht wie neu aus und es glänzt mit der neuen Politur. Die Sitzbezüge sind nicht ganz nach meinem Wunsch überzogen worden. Vielleicht werde ich ein bisschen schwitzen.
Nach getaner Arbeit gibt es jeweils eine Begegnung irgendwo in einer Strasse, in einem gegen die Strasse hin offenen Restaurant. Das Trinkgelage hier ist sehr speziell. Der erste der kommt und bezahlt dann irgendwann die ganze Runde. Jeder Bekannte der vorbeigeht gesellt sich dazu und trinkt mit. Und wenn der erste nicht mehr bezahlen möchte, so verlässt er das Lokal. Und dann verlassen entweder alle das Lokal, oder der Zweitankommende übernimmt dann die Bezahlungen. Die Frauen sitzen immer zurückversetzt hinter den Männerkreisen. Praktisch also im Rücken der Männer. Also so ein bisschen Macho Gehabe ist hier durchaus an der Tagesordnung. Interessant ist auch, dass ich immer überredet werde, ein Bier mitzutrinken. Nur eines. Und plötzlich stehen 2 und 4 und 8 Flaschen da. Ich habe durchaus den Vorteil, dass ich nur genau einmal der erste war… haha
9.05.2024
Es macht recht müde, wenn man den ganzen Tag mit einer Sprache unterwegs sein muss, derer man nicht mal zur Hälfte mächtig ist. Das war in den letzten 5 Tagen so. Aber ich darf selbstlobend eingestehen, dass ich doch sehr viel Spanisch dazugelernt habe, und ich kann immer mehr verstehen. Doch es fällt mir aber schwer, viele, selbst einfache Wörter, die oft im Alltag gebraucht werden, wirklich auch längere Zeit zu behalten. Das Alter?
Santa Rosa del Sur zeichnet sich seit Jahren dadurch aus, dass es allen neuen Menschen, die die Region besuchen, sehr freundlich gegenübersteht. Trotz der Kriege, die es seit mehr als 50 Jahren erlebt, hat sich die Persönlichkeit der Menschen nicht verändert, sie sind es immer noch die gleichen liebevollen und freundlichen Menschen. Ich wurde sehr gut behandelt und sehr gastfreundlich behandelt. Und doch muss ich nun weiterziehen. Denn am 20.05. läuft meine Autoversicherung ab.
Sie fahren in unscheinbaren Lastwagen, die schwer bewaffnete Paramilitärs und bauen dann ganz unerwartet irgendwo eine Strassensperre auf. Luis sagt mir, dass ich heute die Strecke bis zur Fähre ohne anzuhalten und ohne jemanden mitzunehmen, ganz ohne Abstecher links oder rechts bewältigen solle. Ich gerade mehrmals in eine Militärkontrolle. Noch immer gibt es offenbar in der Region bewaffnete Konflikte. Ich kann mir eigentlich nicht so genau vorstellen weshalb. Denn der Präsident (seit 2022) Gustavo Petro stammt ja eigentlich selber aus diesen linken Kreisen und sollte doch auch die Paramilitärs kontrollieren können.
Auf dieser Strecke versuche ich meistens hinter grossen Sattelschlepper zu fahren. Er würde mir vielleicht eine Bresche durch eine Sperre machen. Die Strecke bis zur Fähre ist 93 km weit.
Alles funktioniert bestens, irgendwann vor dem Eindunkeln und nach mehr als 300km schaffe ich es, die Finca von Juanchi zu erreichen.
10.05.2024
In der Nähe von Puerto Berrio bin ich nun auf dieser Rinderfarm. Das ganze Herrenhaus steht ganz alleine mir zur Verfügung. Juanchi und seine Frau haben mich dazu eingeladen. Die Fincas hier sind oft mit einem grossen Wohnraum versehen, sozusagen dem Wohnzimmer. Und dieses ist hinten und vorne komplett offen. Man sitzt im Schatten und geniesst den leichten und sanften Durchzug. Und wenn der fehlt, so hat es Ventilatoren. Ein bisschen eigenartig ist es, dass Käfer und Schlangen und anderes Gevieche relativ unbehelligt durch den Raum spazieren können.
Die Gegend sieht ein wenig aus wie im Emmental. Heute versuche ich mir einen Ruhetag einzuräumen.
11.05.2024
Durch die sanfte Hügelwelt geht es zunächst der Hauptstrasse Richtung Medellín entlang. Auch hier stoppen mich immer wieder Militärs, die links und rechts schwer bewaffnet versetzt an der Strasse stehen. Oft auch getarnt, so dass man sie erst ganz spät sieht.
Ich treffe mich mit den kanadischen Freunden beim La Piña. Das ist so ein Berg mit vielen Stufen. Und gleichzeitig ein Disneyland. Das ist ja nicht weit bis Medellin, und hier befindet sich eines der Wochenendziele der Städter.
El Peñol ist ein beeindruckender Granitfelsen, der auch als El Peñon de Guatape bekannt ist. Er ragt majestätisch aus der umliegenden Landschaft heraus und bietet einen atemberaubenden Panoramablick von der Spitze aus. Er ist 220 Meter hoch und viele versuchen die 740 Treppenstufen zu erklimmen, um die Aussicht zu geniessen. Da bin ich selbstverständlich auch hoch. Und ich habe einige gesehen, die auf allen vieren die obersten Treppen zu schaffen versuchten.
Wir schlafen in der Nähe in einem Airbnb.
12.05.2024
Sollen wir, oder sollen wir nicht? Lange galt diese Stadt als die gefährlichste der ganzen Welt. Medellín, die zweitgrösste Stadt Kolumbiens, hat in der Vergangenheit einen Ruf für Kriminalität und Gewalt gehabt, insbesondere während der Hochzeiten des Drogenkartells von Pablo Escobar in den 1980er und 1990er Jahren. Die Stadt war geplagt von Drogenhandel, Mord und Entführung.
In den letzten Jahren hat sich Medellín jedoch stark verändert und eine bemerkenswerte Transformation durchlaufen.
Heute ist Medellín eine lebhafte Metropole mit einer blühenden Kunst- und Kulturszene, modernen Transportmitteln wie der Metro und der Metrocable-Seilbahn sowie einer Vielzahl von Parks und öffentlichen Plätzen. Trotz dieser Fortschritte gibt es immer noch Stadtteile, die als gefährlicher gelten, insbesondere in den äusseren Bezirken und den Hügeln, wo die Armut konzentriert ist.
Vergeblich suchen wir in der Stadt nach einer Unterkunft. Denn unsere Autos sollten gleichzeitig irgendwo gesichert abgestellt werden können. Und diese sind einfach schlicht zu hoch. Wir besuchen mindestens fünf verschiedene Hotelanlagen und geben dann irgendwann mal auf. Wir beschliessen einfach mit den Autos noch eine Runde durch die Altstadt zu fahren. Und wir sind uns einig, die Altstadt von Medellín kann immer noch einige Herausforderungen in Bezug auf Sicherheit aufweisen, insbesondere in den abgelegeneren oder weniger frequentierten Gegenden. Es ist daher für uns klar, dass wir die Autos gar nicht verlassen und nicht zu Fuss durch diese Gegend gehen. Es sieht einfach nur schlimm aus.
Etwas ausserhalb der Stadt finden wir einen alternativen Spanier, der sich eine Buddha Residenz mit «abgespaceter» Gartenanlage aufgebaut hat. Dort können wir übernachten.
13.05.2024
Die Anlage des „Secret Buddha y Valle de los Silfos“ hat uns zu einer ruhige Nacht verholfen. Nun: Es geht weiter Richtung Richtung Süden. Nach 3 Stunden Fahrt trennen wir uns, Kamyl und Veronique fahren in ein Tal, wo sie wandern möchten, und ich möchte morgen zum Bekannten Nevado del Ruiz Vulkan fahren.
14.05.2024
Nevado del Ruiz. Das ist ein bekannter Vulkan, teils aktiv, der auf der Spitze in 5312m einen Gletscher trägt. Da möchte ich hin.
Doch mit den Vulkanen habe ich so ein bisschen Pech – offensichtlich. Den einen darf ich nicht besuchen, weil er einen grossen Ausbruch hat, das war in Indonesien, den andern nicht, weil es gerade Erschütterungen und Bodenverschiebungen gibt, das war In Guatemala,. Und den dritten hier in Kolumbien nicht, weil ich 70 Jahre alt bin. Richtig gelesen: genau! Zu alt!
Nun denn, es hat eben nicht sein sollen. Eine weissrote Barriere mit Wärterhöuschen und ein strenger Hüter des Gesetzes sperren die letzten 4 km für mich zum Vulkan ab. Und das obwohl ich schon auf 4100 m vor der Schranke stehe und keinerlei Höhenkrankheiten zeige.
Die doofe COVID Geschichte hat meine Reisepläne verzögert. Ich wusste ja, dass es dann in gewissen Länder Schwierigkeiten gibt, wenn man Ü70 ist. So kann man zum Teil die Versicherungen nicht mehr bekommen, oder dann richtig teuer. Ja, Reisen sind nicht Ferien, das sind eben Fortbewegungen mit Hürden.
Nun, so fahre ich denn zu einer Alphütte und werde sehr bald getröstet, denn der gute Mann dort bietet mir ganz köstlichen Käse an. 10 km auf rockiger Piste weiter unten hat es einen Bach, der mit mindestens 40° daherkommt. Hot Springs sind ja bekanntlich meine Leidenschaft. Dort lerne ich auch 6 junge Leute mit zwei kleinsten Babies kennen. Leider springt dann der Motor ihres Gefährtes nicht mehr an. Muss wohl an der Höhe liegen. Und das Auto lässt sich nicht die steile Piste hoch schieben… ich hänge das Auto an mein Kamel, die eine Frau mit dem Baby darf im Auto bleiben, der Fahrer auch, und die andere Frau mit dem zwei Monate alten Baby sitzt bei mir. Ich muss das Kamel mit reduziertem Getriebe fahren, um diese Last über die steinige Piste hochzuziehen.
Das Kamel faucht auch, in diesen grossen Höhen.
15.05.2024
Ich fahre heute sehr früh weg und erreiche vor dem Mittag das Valle de Cocora. Dieses Tal ist eingebettet in die zentrale Kordillere der kolumbianischen Anden, ist berühmt für seine majestätischen Wachspalmen, die bis zu 60 Meter hoch werden können. Der Name «Cocora» stammt von einer indigenen Quimbaya-Prinzessin, die «Wasserstern» bedeutet. Laut Legende verwandelten die Götter sie in eine Wachspalme, um das Tal für immer zu bewachen, nachdem sie ihren gefangenen Vater, den Häuptling, nicht retten konnte.
Auf meiner Wanderung im Valle erlebe ich regnerisches Wetter und dichten Nebel, der die Landschaft in eine mystische Atmosphäre taucht. Die Wanderwege führen durch üppige, nebelverhangene Wälder und über klare Flüsse, wobei die imposanten Wachspalmen majestätisch aus dem Nebel emporragen.