Berichte 16.05. – 31.05.2022

16.05.2022

Merry Christmas. Das ist das unübersehbare Motto der Stadt Northpole. Northpole hat tatsächlich zu Weihnachten ein sehr beschäftigtes Postamt, welches die Briefe aller jener annimmt, die etwas an Santa Claus schreiben möchten. In dem sehr großen Giftshop ‹Santa Claus House› gibt es eine Menge an Weihnachtsschmuck – und das das ganze Jahr lang. Für die Patrioten sogar mit glitzernden Panzer oder Navi-Design.

 

17.05.2022

Unser Übernachtungsquartier hätte schlechter sein können. Ein schöner Platz am ‹Quarz lake›. Endlich konnten wir mal am Abend zuvor ein Campfire machen und kurz Eisfischer auf den Eisschollen beobachten. Eine Schulklasse kam ebenso an den Ort. Auch im Gespräch mit den Lehrern erhielten wir erneut die Info, dass es ein sehr schneereicher Winter war. So sollte der See gar nicht mehr gefroren sein. Die 14 – 15 jährigen Schüler in der Abschlussklasse waren trotz Wetter vorbereitetet kurz in den halb zugefroren See zu springen. So muss sich wohl Frühling in Alaska anfühlen.

 

18.05.2022

Wir sind auf dem Tylor Highway. Dieser ist die Verbindungsstrasse zum Top of the World Highway nach Kanada und führt über Chicken ebenso in die Sackgassenstadt Eagle. Chicken, eine nett gestaltete Stadt mit im Winter ca. 15 Einwohnern und Sommer 30-50 Einwohnern macht sich auf die Sommersaison bereit: Wir kommen in den Souvenirshop wo T-Shirt und Weiteres einsortiert wird. Die Grenze auf dem Top of the World Highway war pandemiebedingt zwei Jahre zu. Es ist also davon auszugehen, dass in der Zeit kaum ein Tourist hier oben waren. Draußen fragt der Verkäufer einen vorbeifahrenden Goldgräber wie sein Winter so verlief – man sieht sich hier wohl saisonal. Dieser kam mit seinem bootähnlichem Goldauffangbecken vorbei, erläuterte uns, dass er dabei vorne dran taucht um das Flussbett zu checken. Nach einem obligatorischem Fotostop am riesigen Huhn (ob dies das Wahrzeichen sein soll?) ging es hoch nach Eagle. Wir hatten erst überlegt ob wir wirklich hoch fahren da es eine Sackgassenstadt ist, aber die Fahrt hat sich sehr gelohnt. Wir wurden mit einer wahnsinnig schönen Aussicht belohnt.

 

19.05.2022

Bei den Minusgraden konnten wir den Wasserspeicher des Kamels noch nicht füllen, sonst würde dieser evtl frieren und wohlmöglich etwas beschädigen. Warmer Tee, Kaffee und Sabine ihre Wärmflasche schlucken aber doch schnell die paar Gallonen, die man normalerweise in Alaska ganz leicht mal an einer Tankstelle kostenfrei erhält, wenn man nett nachfragt.
In Eagle konnten wir aber an der zentralen Wasserstation das Kamel befüllen. Es ist ein schickes, altes Gebäude mit einer Zapfsäule. Generell kann man den Flair der damaligen Zeit in der alten Goldgräberstadt noch nachempfinden. Wohlwissend dass die Grenze dort zwischen Alaska und Kanada zu hat sind wir auf dem Weg südlich mal auf den Top of the World Highway drauf. Die Straßen waren toll frei, alles geräumt. Nur an der Grenze haben sie den ganzen Schnee noch liegen lassen. Wer diese Strecke fahren will sollte sicherheitshalber Juni einplanen. Sie kann zwar früher offen sein, jedoch bei einem Winter wie diesem wohl leider nicht…

 

20.05.2022

Nun geht’s erst mal ‹in den Süden›. Wir machen uns auf den Weg von Tok an die kanadische Grenze in Richtung Whitehorse. Die Sonne scheint und es ist sehr warm! Bis zur Grenze sehen wir leider immernoch keinen Bären und reden uns ein, dass die ersten zwei Braunbären nach Überschreitung der Grenze in Kanada bestimmt eben aus Alaska gekommen sind. Was wäre eine Alaska Reise bloß ohne Bären? Schon interessant, dass pünktlich zur Grenze ein extrem warmes Wetter im Anmarsch ist. Zum Glück haben wir die Sonne im Rücken und werden bei der Fahrt nach Osten nicht geblendet.

 

21.05.2022

Aus Zufall entdecken wir heute bei Beaver Creek den Alsek Valley Trail. Wir wollen uns die Füße ein bisschen vertreten und das Wetter genießen. Der Trail, der auch teilweise mit 4WheelDrive befahren werden kann bietet uns also eine Kombination aus Spazierenfahren des Kamels und kleiner Wanderung. Ausgestattet mit Bärenspray, Hupe, Liedern und Geschichten laufen wir lärmend den Weg entlang. Hier ist der Frühling wirklich da, das sieht man an den Blümchen und grünen Tannenspitzen. Kurzzeitig erschreckt uns ein lauter Knall eines Schneerutsches sehr weit oben auf den Bergen. Wie ein Wasserfall fließt Schnee hinunter und wir laufen einem Schritt schneller zum Auto, da man auf dem Weg einige Felsen sieht die wohlmöglich bei ähnlichen Naturspektakeln runter gekommen sind. Abends kommen wir in Whitehorse an.

 

22.05.2022

Zwischen Abschnitten von Camping braucht es auch an Tagen der Organisation. Wir recherchieren wo man einen Ölwechsel machen kann, Wäsche muss gewaschen werden und eine anständige warme Dusche ist ja auch ganz angenehm. Natürlich wird auch etwas durch die Stadt geschleulndert. Auch hier ist das Wildlife nicht weit: Füchse laufen abends einfach durch die Stadt und Bieber kann man am Yukon beobachten.

 

23.05.2022

Wir haben Glück dass vormittags trotz des Feiertages ein Ölwechsel gemacht werden kann. Das zieht sich zwar etwas und der Einkauf für die Reise Richtung Dawson muss ja auch noch erledigt werden. So fahren wir am frühen Nachmittag dann los nach Dawson und legen einen Fahrtag ein…

 

24.05.2022

Hallo Dawson City! Wir erreichen nach rund 700 km nach Whitehorse, mit einem Kaffe und Schokoladestop an einer Tankstelle die Goldgräberstadt Dawson. Die Sonne scheint und lädt zu einem Stadtbummel ein. Die vielen bunten Häuser laden zu einem Fotoshooting ein. Wir streben aber auch den Schiffsfriedhof an, der genau neben unserem Campingplatz liegt. Nach einer abenteuerlichen Kurzwanderung über Stock und Stein und Flüsschen erreichen wir die Giganten, die zusammengekehrt an einem Ufer liegen. Nebenan an Häuschen mit privat property. Wir fragen uns wie dieser wohl regelmäßig in die Stadt kommt.

 

25.05.2022

Heute lassen wir es uns nicht nehmen und fahren noch mal einen Stück des Top of the world Highway. Ja, er sieht immernoch so toll aus wie auf der Alaska-Seite. Dieses Mal treffen wir zwei Goldgräber Brian und Dug. Sie schaufeln gerade mit einer Maschine aus 1940 den 5 bis 7 km-Weg frei zu dem neuen ‹Claim› den sie erworben haben um dort Gold zu graben. Anscheinend haben sie eine goldene Nase und haben bereits einiges gefunden. Um sie dabei zu begleiten bleibt uns keien Zeit, da das wegschaufeln des Weges noch ein paar Tage dauern wird, aber wir genießen den kleinen Tratsch. Abends können wir in der lebendigen Stadt in zwei Bars eine weitere Szene von Dawson beobachten. Es gibt viele junge künstlerische und alternative Szene die sich scheinbar hier sehr wohl fühlt. Wir haben heute viele Menschen kennengelernt. Tatsächlich gibt’s hier auch viele Schweizer…

 

26.05.2022

Noch einen vollen Tag Dawson. Das liegt auch daran, dass wir unbedingt heute Abend die Show im Kasino mitbekommen möchten, sonst wären wir ggf. gestern bereits los. Wir fühlen uns wohl und kennen einige Gesichter, hier der eine von der Bar am Vorabend, dort der andere der bereits am ersten Tag die gleiche Runde spazieren ging. Man geht grüßend durch die Straße als würde man dazu gehören. Zufrieden gehen wir nach dem Kasino in unser Schlafgemach. Dawson war die lange Reise wert!

 

27.5.2022

Wir fahren ein Stück des Demster Highways ein letztes Mal Richtung Norden. Diesmal ist es vorteilhaft, dass die Fähre aufgrund des langen Winters noch zu hat. Es fahren keine Trucks, wir haben freie Fahrt und die Steinschlaggefahr reduziert sich enorm. Da wir bereits einige Sackgassen gefahren sind entscheiden wir uns nur 100km zum Tombstone Territorial Park zu fahren und dort nach einem Mittagessen umzudrehen. Man kann bereits jetzt im Frühling die Farbenpracht erahnen: rote, gelbe, Tundrabüsche umschlossen von Bergen. Der Herbst muss hier überwältigend sein. Wir werden Beobachter eines eindrücklichen Naturschauspiels. Im Fluss löst sich eine der vielen Eisplatten und verursacht einen Dominoeffekt. Mit einer aufbauenden Dynamik bewegen sich immer mehr Eisplatten, werden den Fluss entlang weiter getragen. Es knistert, knackt und ist laut, die Brücke wackelt auf welcher wir stehen. Wir reden noch auf der Autofahrt über das Erlebte. Es war ein kleiner Fluss, was muss es wohl für eine Kraft haben wenn ein solches Schauspiel bei einem großen Fluss wie dem Yukon stattfindet.

 

28.05.2022

Wir fahren wieder in den Süden, in Richtung Whitehorse. Jetzt müssen wir wieder die gleiche Strecke fahren.Aber das ist besonders interessant. Innerhalb von wenigen Tagen hat sich die Waldlandschaft mit dunkleren Tannen und nackten Birken dazwischen in eine Farbpalette von verschiedenen Grüntönen verwandelt. Die Sonne dazu ergibt ein besonderes Strahlen der kleinen frischen Blätter was wir bei der Rückfahrt sehr genießen. Wir fühlen uns ‹zu Hause›, denn wir kommen am gleichen Campground an und nehmen den gleichen Schlafplatz. Auch mal schön nicht zu suchen, sondern zu wissen wo man übernachtet.

 

29.05.2022

Alaksa gab es besonders viele Briefkastentiere, häufig sind in Kanada auch die Lochtiere oder Rohrtiere. Büscheltiere ähneln häufig Grizzlybären und Steintiere sehen sowieso aus wie alle Lebewesen. Wir fallen häufig rein, dennoch haben wir auch Glück und sehen insbesondere in der Gegend zwischen Watson Lake und Liard Springs Bären, Caribous oder Bisons. Ein Grizzly war noch nicht dabei, mal schauen wann wir diesem begegnen. Noch ein Stop an der gleichen Tankstelle an welcher Heinz im Frühjahr lange verweilen durfte, ein kurzer Chat mit einem jungen Mann der seit 2015 mit dem Fahrrad ganz Nord-/Mittel- und Südamerika durchquert und weiter geht’s.

 

30.05.2022

Heute ist es warm. Und das liegt nicht nur am Sonnenschein und den um die 20 Grad. Wir machen eine Pause bei den Liard Hotsprings und bleiben dort zwei Nächte. Der natürliche Pool ist erreichbar durch einen 700m Steg an welchem auch das Bärenspray empfohlen wird. Mit Zeit für Fotos sortieren, Gepäck ordnen haben wir abends noch ein Festmahl mit unseren Platznachbarn. Wir erzählen uns Gewohnheiten aus den verschiedenen Ländern und erfahren, dass man in Kanada keine Fahrstunden für einen Führerschein nehmen muss, sondern es privat lernen kann und lediglich zu einer Prüfung wohin muss. Aber klar, wenn man an einem Ort wohnt wo nur wenige Menschen leben, kann man auch keine 200km weiter für Fahrstunden fahren. Wieder was gelernt.

 

31.05.2022

Wir fahren in den Osten in Richtung Fort Nelson. Normalerweise werden wir regelmäßig auf den Landcruiser angesprochen der hier im Norden von Amerika rar ist. Auf einmal treffen wir an einem Aussichtspunkt einen Landcruiser, einen roten, mit einem weißen Kreuz drauf. Was passiert denn hier? Es handelt sich um den Landcruiser von 1984 von Mack und Laura, einem australisch-kanadisches Ehepaar, die diesen von einem Schweizer abgekauft haben. Wir quatschen eine Weile, aber müssen uns für den Abend verabschieden weil wir in die jeweils andere Richtung fahren. So klein ist die Welt.